Bischöfin Fehrs: Corona fordert die Kirche heraus

Gefragt sei jetzt, sich auf die Beziehung zu den Menschen zu konzentrieren, sagte die Theologin auf der Synode. Das Kirchenparlament der Nordkirche tagt erstmals digital.

Bischöfin Kirsten Fehrs (Archivbild)
Bischöfin Kirsten Fehrs (Archivbild)Marcelo Hernandez / Nordkirche

Hamburg. Die Kirche muss nach den Worten der Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs angesichts der Corona-Krise ihre vertrauten Räume verlassen. „Wir sind heraus-gefordert worden. Im ganz buchstäblichen Sinne“, sagte Fehrs in ihrem Bischofsbericht auf der digitalen Synode der Nordkirche. Statt der geschlossenen Räume und gewohnten Formate müsse sich die Kirche auf Beziehungen zu den Menschen konzentrieren. „Es ist gut, wenn wir präsent sind im öffentlichen Raum und selbst Begegnungs- und Dialogräume schaffen.“

Aus den zahlreichen Gesprächen in den Gemeinden, Konventen und Krankenhäusern wisse sie, wie wichtig in dieser Zeit das Zuhören und Hinsehen sei. Worte, Taten und Hoffnungsbotschaft würden zwar gebraucht und gewünscht. „Zu ‚Hoffnungsleuten‘ sind wir als Kirche gerade dort geworden, wo wir zunächst zugehört und hingesehen haben.“ Die Menschen suchten den Zusammenhalt – „und Nächstenliebe, die den Mund-Nase-Schutz trägt“. All dies müsse die Kirche nicht predigen, sondern vor allem Resonanz geben. „Gerade im Hören und Verstehen sind wir gesellschaftlich ‚relevant‘.“

Harte Zeiten

Angesichts sinkender Einnahmen schwor die Bischöfin die Synode auf harte Zeiten ein. Nach den ernüchternden Zahlen der Freiburger Studie 2019 zur künftigen Mitgliederentwicklung und den finanziellen Einbrüchen in der Corona-Pandemie werde die Zukunftsplanung für Personal, Gebäude und Finanzen immer schwieriger. Die Kirche gleiche einer Art „Reisegesellschaft“, auf die nicht nur Milch und Honig wartet, sondern eben auch Bitterkraut dabei ist. Fehrs: „Dringlich neues Denken und Innovation wird auch verbunden sein mit Einsparung und Verzicht.“

Die Hamburger Bischöfin erinnerte auch an die Gedenktage im November. Gerade der 9. November brauche angesichts zunehmender antisemitischer Attacken dringend die Positionierung der Kirche. Vor allem in Lübeck und im Kreis Herzogtum Lauenburg sei die Kirche gegen Rechtsextremismus aktiv. In den Metropolen pflegten sehr viele Kirchengemeinden den interreligiösen Dialog.

Vor allem städtische Gemeinden würden derzeit darüber nachdenken, wie der Zugang der Menschen zu Taufen, Trauungen oder Trauerfeiern einfacher werden könne, berichtete die Bischöfin. Viele Christen wüssten gar nicht mehr, zu welcher Gemeinde sie gehören. Angedacht werde daher eine Art Servicestelle zur Vermittlung. Die Arbeitstitel seien „Kasualagentur“ in Hamburg oder „Segensreich“ im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg. Zwar geschehe hier viel Konstruktives und Segensreiches. Solche Veränderungsprozesse, so Fehrs, seien aber auch mit Sorgen, Konflikten und Enttäuschung verbunden.

Kein Happy End

Begonnen hatte die Synode mit einem Gottesdienst aus dem Schweriner Dom. In der biblischen Apokalypse werde eine Katastrophe prophezeit, weil alles so weitergehe wie bisher, sagte Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt in ihrer Predigt. „Dass alles immer so weiter geht, wird in immer größer werdenden Teilen der Erde von immer mehr Menschen als beängstigend erfahren, als bedrohlich für ihr Überleben, sogar als tödlich.“ Die Corona-Pandemie verstärke das noch. Die biblische Seher Johannes prophezeie kein Happy End. „Er sagt nicht: Am Ende wird alles gut. Sondern er sagt: Am Ende wird alles neu.“ (epd)