Die württembergische Unabhängige Regionale Aufarbeitungskommission (URAK), die Fälle von sexualisierter Gewalt in Kirche und Diakonie untersuchen soll, ist nach Ansicht des Betroffenen-Sprechers Detlev Zander noch nicht arbeitsfähig. Obwohl sie im Frühjahr ihre Arbeit offiziell aufgenommen hat, fehle eine entscheidende Voraussetzung: eine von den Betroffenen selbst gewählte Vertretung, sagte Zander dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zander, der als ehemaliges Heimkind in Korntal bei Stuttgart selbst Missbrauch erlebt hat, ist einer der Sprecher des „Beteiligungsforums Sexualisierte Gewalt“ der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Diakonie.
Zander betonte, dass sich die Kommission ohne eine offizielle Betroffenenvertretung nicht konstituieren könne. Bisher seien lediglich zwei Personen kommissarisch als Vertreter entsandt worden. „Der letzte Versuch, eine Vertretung zu bilden, ist krachend gescheitert.“
Man habe in Württemberg die Dynamik unter den Betroffenen unterschätzt, die sich nicht auf gemeinsame Vertreter hätten einigen konnten, sagte er. Für solche Fälle gebe es eine klare Regelung: Eine unabhängige Kommission muss eingesetzt werden, um über die Zusammensetzung der Betroffenenvertretung zu entscheiden. Er fordert, dass sich die Geschäftsführung der URAK an diese Vorgabe hält.
Wie die stellvertretende Sprecherin der Landeskirche, Nadja Golitschek, dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Anfrage mitteilte, verfahren die Landeskirche und die Diakonie Württemberg „in vollständiger Übereinstimmung“ mit der „Gemeinsamen Erklärung“. Alle Schritte seien engstens mit der EKD abgesprochen. Es sei verständlich und nachvollziehbar, dass es unterschiedliche Erwartungen der Betroffenen zum Vorgehen gebe. „Wir hoffen und setzen im auch weiterhin engen Austausch darauf, dass sie lösbar sind.“
Insgesamt wurden bundesweit neun URAKs ins Leben gerufen, die nach gemeinsamen Standards arbeiten. Sie sollen das Ausmaß sexualisierter Gewalt feststellen, Strukturen analysieren, den Umgang mit betroffenen Personen evaluieren und Kirche und Diakonie zu weiteren notwendigen Maßnahmen beraten. Die Kommissionen setzen die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in Kirche und Diakonie fort, die durch die Aufarbeitungsstudie „ForuM“ von 2024 intensiviert wurde.
Die URAKs setzen sich zusammen aus Betroffenen, Experten, die gesellschaftliche Verantwortung tragen, sowie Vertretern der Landeskirchen und Landesverbände der Diakonie. Um die Unabhängigkeit der Aufarbeitungskommissionen zu gewährleisten, dürfen nur weniger als die Hälfte der Mitglieder Beschäftigte der evangelischen Kirche oder der Diakonie sein oder einem ihrer Gremien angehören.
Die Mitglieder aus dem Kreis der Betroffenen werden durch die Betroffenenvertreterinnen und -vertreter selbst benannt. Externe Experten und Expertinnen werden unabhängig von den jeweiligen Landesregierungen benannt. „In allen Kommissionen ist die direkte Beteiligung betroffener Personen zentral“, heißt es auf der Homepage der württembergischen Landeskirche. (1954/06.08.2025)