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Betroffene würdigen Missbrauchswagen im Kölner Karneval

Der Karnevalswagen treffe ins Schwarze, findet die Betroffeneninitiative Eckiger Tisch mitten in der anhaltenden Kontroverse um das Motiv. Und nimmt die Debatte zum Anlass, ein damit zusammenhängendes Thema anzuprangern.

In der Debatte über einen Kölner Rosenmontagswagen zu Missbrauch in der katholischen Kirche hält eine Betroffeneninitiative das Motiv für passend. Es verweise auf “zentrale Risikoorte für sexuellen Kindesmissbrauch” in der katholischen Kirche, erklärte die Gruppe Eckiger Tisch am Mittwochabend. “Kinder, die zur Beichte gehen, sowie Ministranten waren in der Vergangenheit besonders gefährdet.” Das hätten Untersuchungen ergeben. “Insofern trifft der Karnevalswagen genau ins Schwarze.”

Der umstrittene Motivwagen zeigt einen jungen Messdiener, der vor einem Beichtstuhl steht. Aus diesem reckt sich ein Arm eines Geistlichen, der ihn mit einem lockenden Finger hineinbittet. Auf dem Beichtstuhl steht der Satz: “Jesus liebt dich”.

Betroffene fühlten sich getriggert, so die Initiative. “Sie fühlen sich durch die Darstellung an ihren eigenen Missbrauch in genau der dargestellten Situation erinnert.” Dass das Motiv des Wagens auch engagierte Katholiken verletze, sei nachvollziehbar. “Wenn sie sich aber mit den Ergebnissen der Aufarbeitungsstudien beschäftigen würden, sollten sie sich vor allem darüber erregen, wie in ihrer Kirche mit dieser traurigen Realität umgegangen wurde und notwendige Veränderungen einfordern, damit das Risiko in Zukunft geringer wird.”

Der Eckige Tisch nahm die Kontroverse um den Karnevalswagen zum Anlass, sich gegen die Beichte von Kindern auszusprechen: “Die Überprüfung der Kinderbeichte als Einzelbeichte ist überfällig.” Viele Kinder trügen “diffuse Ängste und Schuldgefühle in Bezug auf die menschliche Sexualität” davon. “Der Zusammenhang von spirituellem und sexuellem Missbrauch ist im Beichtstuhl besonders eng.” Gemeinsame Bußgottesdienste seien zur Vorbereitung auf die Erstkommunion völlig ausreichend.

“Die Mitglieder der katholischen Kirche müssen sich der Tatsache stellen, dass die Opfer sexuellen Missbrauchs durch Priester zu Opfern wurden, genau weil sie Katholiken waren”, betonte der Eckige Tisch. “Dies ermöglichte und erleichterte die Anbahnung, die Durchführung und die Verheimlichung der Taten.” Deshalb müsse sich auch etwas in der religiösen Praxis ändern, Risiken müssten konsequent angeschaut werden.