Bethlehemer Pfarrer: Deutschland soll sich für Frieden einsetzen

Die Lage in Gaza ist dramatisch: Es gibt kein Wasser und kaum Essen oder Medikamente. Der Pastor Mitri Raheb aus Bethlehem hat die internationale Gemeinschaft aufgefordert, mehr zu tun.

Palästinenser gehen durch Trümmer und Zerstörung auf einer Straße im Bezirk al-Karama in Gaza-Stadt
Palästinenser gehen durch Trümmer und Zerstörung auf einer Straße im Bezirk al-Karama in Gaza-StadtImago / APAimages

Der lutherische Pastor Mitri Raheb aus Bethlehem hat die internationale Gemeinschaft zu einem Einsatz für eine friedliche Lösung zwischen Israelis und Palästinensern aufgerufen. Die Menschen im palästinensischen Gaza-Streifen wüssten nicht, ob sie den nächsten Tag überleben werden, sagte der palästinensische Christ, der 2008 mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet wurde, dem WDR-Radio in Köln. Es sei jetzt wichtig, dass sich die internationale Gemeinschaft nicht nur für humanitäre Hilfe, sondern für eine friedliche Lösung einsetze.

„Es klingt fast absurd, dass man jetzt an Verständigung denkt“, sagte Raheb, der Gründer eines internationalen Begegnungszentrums sowie der Dar al-Kalima-Universität in Bethlehem ist. Jetzt sei aber die Zeit dafür: „Israel muss verstanden haben, dass Sicherheit nicht durch Waffen allein kommt, sondern nur durch eine friedliche Lösung mit den Palästinensern.“ Auch die Palästinenser hätten verstanden, dass es so nicht weitergehe. „Ich hoffe, dass sich Deutschland dafür einsetzt, und nicht für eine einseitige Unterstützung Israels.“

Lage in Gaza „grenzt an Genozid“

Raheb, der auch Pfarrer der Bethlehemer Weihnachtskirche im Westjordanland ist, äußerte sich besorgt über die Lage der Menschen in Gaza. Dass es im Gaza kein Wasser und kaum Essen oder Medikamente gebe, „das grenzt an Genozid“. Eine junge Künstlerin, mit der sie in Bethlehem zusammenarbeiteten, sei mit ihren acht Familienmitgliedern durch einen israelischen Angriff auf ihr Haus im Süden Gazas ermordet worden. Die Leiterin eines zur Bethlehemer Universität gehörenden Zentrums in Gaza lebe in einem Viertel, das am Montag „von Israel dem Erdboden gleich gemacht“ worden sein. „Wir haben noch kein Lebenszeichen, wir sind besorgt“, sagte Raheb.

In Gaza gebe es rund 1.000 Christen, berichtete Raheb. 800 von ihnen seien in die katholische Kirche geflüchtet, 100 in die orthodoxe Kirche. Ein Christ dort habe ihm berichtet, dass sie nur wenig zu essen hätten, ab Mittwoch werde es wohl nicht einmal mehr Brot geben. Die Menschen sagten dort, der Mensch lebe nicht vom Brot allein, obwohl deren Lage so schwierig sei. Durch das Bombardement Israels würden viele kleine Kinder und Frauen traumatisiert.

Seit 1988 Pfarrer an der Weihnachtskirche in Bethlehem

Vor mehr als einer Woche hatte die radikal-islamische Hamas, die den Gaza-Streifen beherrscht, mit Raketen und Terrorkommandos Israel angegriffen. Dabei tötete sie Hunderte Zivilisten. Israel reagierte mit dem Beschuss Gazas und der Abriegelung des Gebietes, in dem rund 2,3 Millionen Menschen leben.

Raheb, der in Hermannsburg und Marburg evangelische Theologie studierte, ist seit 1988 Pfarrer an der Weihnachtskirche in Bethlehem. Auf dem Gelände der Kirche richtete er auch ein internationales Kultur- und Konferenzzentrum ein. Für seine Friedensarbeit wurde er 2008 mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet.