Besondere Ehre für “Müschens Rosenapfel”
Er ist flachkugelig und saftig, schmeckt harmonisch süß-säuerlich ausgeglichen und duftet noch nach Apfel: „Müschens Rosenapfel“. Benannt wurde diese seltene und nicht lange haltbare Sommerfrucht nach Franz Hermann Müschen (1774-1847), „dem vielleicht bedeutendsten Pomologen Mecklenburgs Anfang des 19. Jahrhunderts“, sagt Friedrich Höhne (Satow), Sprecher der Landesgruppe Mecklenburg-Vorpommern des Pomologen-Vereins.
Passend zum 250. Geburtstag Müschens am 9. Mai kürte die Landesgruppe MV „Müschens Rosenapfel“ zum „Apfel des Jahres 2024“ im Nordosten und gab dazu eine Postkarte heraus, die auf Veranstaltungen verteilt wird. Zu Ehren von Müschen „planen wir ein Kolloquium am 1. September unter fruchttragenden Müschen-Apfelbäumen im Schlosspark Kaarz (bei Sternberg)“, informiert der Obstbaukundler und promovierte Gartenbauingenieur Höhne.
Dabei war der gebürtige Boizenburger Franz Hermann Müschen im Haupterwerb gar kein Obstbaukundler, sondern Kantor, Organist und Schullehrer. In diesen Diensten wirkte er seit 1797 in Belitz bei Teterow (Landkreis Rostock). Weil er jedoch für den Obstgarten, den er von seinem Amtsvorgänger übernommen hatte, kaum brauchbare Bäume erwerben konnte, gründete er Anfang des 19. Jahrhunderts in Belitz eine Obstbaumschule. Um 1875 umfasste das Sortiment dieser Baumschule, die von Müschens Sohn Johann Georg Bogislav fortgeführt wurde, schon 2.000 Sorten, wie Klaus Müschen (Berlin), ein Ururur-Enkel von Franz Hermann Müschen, zu berichten weiß.
Franz Hermann Müschen sei für die Pomologen-Landesgruppe MV ein Vorbild, sagt Friedrich Höhne. Die Erfahrungen Müschens und seines Sohnes zum Obstbau in Norddeutschland seien immer noch von unschätzbarem Wert. Beide hätten zahlreiche Sortenbeschreibungen und Anbauempfehlungen veröffentlicht, erklärt Höhne. „Wir können nicht nur von ihm lernen, sondern wir machen es wie er – die Obstsorten beobachten, um daraus Anbauempfehlungen für die heutige Zeit herauszugeben.“ Dazu gehöre die Empfehlung, für Neuanpflanzungen auf Streuobstwiesen sowie für Pflanzungen in den Haus-, Klein- und Bauerngärten bewusst die alten Obstsorten zu nutzen – nach dem Motto „Was man im Laden kaufen kann, braucht man nicht im Garten anzupflanzen“.
Nachholbedarf gebe es in MV allerdings bei der Verfügbarkeit an alten regionalen Sorten, insbesondere seit vor zwei Jahren die Vorpommersche Baumschule in Klein Zetelvitz bei Greifswald aufgehört habe, Bäume zu produzieren, sagt Höhne. „In kleinem Umfang kann man bei den noch wenigen regionalen Baumschulen, wie in Sanitz, Kröpelin oder Waldeshöhe, Auftragsveredlungen anfertigen lassen. Über den Pomologen-Verein und das Streuobstnetzwerk MV versuchen wir, Leute zu animieren, selbst zu veredeln und Bäume zu verkaufen, was in gewissen Umfang schon passiert“, erklärt er.
Die von Müschen gegründete Baumschule in Belitz existiert nicht mehr. Wann sie aufgegeben wurde, wisse er nicht, sagt Klaus Müschen. Dennoch erinnert in dem Dorf auch heute noch einiges an den Obstbaukundler Franz Hermann Müschen: Seit 2004 heißt die Straße an der Kirche „Kantor-Müschen-Weg“. Und an der Kirche befinden sich die Grabmale der Familie Müschen, auch wenn die Grabstätte nicht mehr vorhanden ist.
„Ein Apfelgarten ist weiterhin ein Bestandteil unseres Pfarrgartens, wird aber jetzt nicht spezifisch beworben“, sagt Pastorin Milva Wilkat von der evangelischen Kirchengemeinde Belitz-Jördenstorf. Zum 250. Geburtstag Müschens sei keine einzelne Gedenkveranstaltung vorgesehen. Mit Blick auf das geplante Gemeindefest im Juni werde es aber ein Jubiläumswochenende geben, an dem des Pomologen gedacht und auch das Orgeljubiläum gefeiert werden soll.