Beschäftigte ohne Tarif bekommen elf Prozent weniger Geld

Beschäftigte ohne Tarifvertrag stehen laut Böckler-Stiftung schlechter da als Beschäftigte in Tarifbindung. Das betrifft Menschen in östlichen Bundesländern besonders oft.

Da klafft eine Lücke: Angestellte ohne Tariflohn verdienen weniger
Da klafft eine Lücke: Angestellte ohne Tariflohn verdienen wenigerImago / Fossiphoto

Arbeitnehmer in Betrieben ohne Tarifbindung arbeiten mehr, bekommen aber weniger Lohn. Vollzeitbeschäftigte in tariflosen Betrieben arbeiten in Deutschland durchschnittlich wöchentlich 54 Minuten länger als Beschäftigte in vergleichbaren Betrieben mit Tarifbindung, wie eine  Analyse der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung ergibt. Gleichzeitig verdienten sie rund elf Prozent weniger. Die Stiftung dringt auf mehr gesetzliche Regelungen, um die Tarifbindung in Deutschland zu erhöhen.

Die regelmäßige Wochenarbeitszeit in Betrieben ohne Tarifbindung lag laut der Auswertung 2021 bei 39,5 Stunden und war damit im Schnitt fast eine Stunde länger als in Betrieben mit Tarifvertrag (38,6 Stunden). Beschäftigte ohne tariflichen Arbeitsvertrag verdienten in dem Jahr monatlich durchschnittlich 3.320 Euro brutto, Arbeitgeber in tarifgebundenen Betrieben zahlten hingegen 4.070 Euro, zeigt die Analyse des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Stiftung.

Tarifbindung gesunken

In ostdeutschen Bundesländern sei der Unterschied beim Lohn besonders groß, hieß es. In Brandenburg etwa verdienten Beschäftigte in tariflosen Betrieben laut Auswertung monatlich 15,2 Prozent weniger als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in vergleichbaren Betrieben mit Tarifbindung. In Sachsen-Anhalt seien es 14,2 Prozent. In westdeutschen Bundesländern zeigten sich derweil erhebliche Unterschiede bei den Arbeitszeiten: So arbeiteten Vollzeitbeschäftigte in Baden-Württemberg in tariflosen Unternehmen 87 Minuten pro Woche länger als Arbeitnehmer in vergleichbaren Betrieben mit Tarifbindung. In Bremen und dem Saarland lag der Unterschied bei rund einer Stunde.

Die Tarifbindung sei seit der Jahrtausendwende in Deutschland deutlich gesunken, hieß es. Während im Jahr 2000 noch mehr als zwei Drittel der Beschäftigten (68 Prozent) in tarifgebundenen Betrieben arbeiteten, sank der Anteil bis 2021 auf 52 Prozent. Dieser deutliche Rückgang wirke sich negativ auf die Beschäftigten und auch auf die Kaufkraft breiter Bevölkerungsschichten aus. Indirekt berühre das auch die Einnahmen von Sozialversicherungen und öffentlicher Hand, erklärte die Stiftung.

„Bundesregierung gefordert“

Im Osten arbeiten den Angaben zufolge deutlich mehr Beschäftigte in tariflosen Betrieben als im Westen. So lag der Anteil tarifgebundener Arbeitsplätze in Bremen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Hessen in den vergangenen Jahren zwischen 59 und 55 Prozent. Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Brandenburg und Thüringen kamen auf einen Anteil von 41 bis 46 Prozent. Die Studienautoren Malte Lübker und Thorsten Schulten forderten von der Bundesregierung, möglichst schnell den Aktionsplan zur Stärkung der Tarifbindung vorzulegen, wie im EU-Recht vorgegeben.

Für die Auswertung wurden den Angaben zufolge Daten aus dem IAB-Betriebspanel verwendet. Diese repräsentative Arbeitgeberbefragung wird jährlich vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung durchgeführt.