Berliner Pfarrerin startet Aktion #pfarrpersonengegenrechts

„Kirche darf nicht schweigend zusehen“: Pfarrerin Lena Müller hatte nach der „Correctiv“-Recherche über die AfD die Idee zu #pfarrpersonengegenrechts und #christinnengegenrechts. Die Aktion kommt an.

Viele Pfarrerinnen und Pfarrer sind dem Aufruf von Lena Müller (zweite von rechts) auf Instagram gefolgt
Viele Pfarrerinnen und Pfarrer sind dem Aufruf von Lena Müller (zweite von rechts) auf Instagram gefolgtprivat

Liebe Frau Müller, auf ihrem Instagramkanal begann die Social-Media-Aktion #pfarrpersonengegenrechts. Was ist der Hintergrund dieser Kampagne und welches Ziel hat sie?
Lena Müller: Die Aktion habe ich vor dem Hintergrund des Erstarkens rechter Gruppen und insbesondere der kürzlich bekannt gewordenen Deportationspläne der AFD auf meinem Instagramaccount @metablabla gestartet.

Als Pfarrer*innen sind wir der frohen Botschaft, dem Evangelium, verpflichtet. Jesus Christus nachzufolgen bedeutet, in Nächstenliebe zu handeln, für Gerechtigkeit einzutreten und sich marginalisierten Menschen zuzuwenden und sie zu schützen. Rechtsextremismus und -populismus sind damit unvereinbar.

Unsere Aktion soll das sichtbar machen und laut in die Öffentlichkeit tragen – auch aus einer historischen Verantwortung heraus. Kirche darf nicht schweigend zusehen, wenn Menschen wegen ihres Geschlechts, ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft, ihrer Behinderung, ihrer Religion etc. Hetze und Diskriminierung ausgesetzt oder sogar von Deportation gefährdet sind.

Angefangen hat die Aktion mit einem Instagram-Beitrag. Gemeinsam mit drei Kolleg*innen aus unterschiedlichen Landeskirchen veröffentlichte ich den folgenden Text:

 

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Ein Beitrag geteilt von Lena Müller (@metablabla)

Welche konkreten Planungen gibt es im Zusammenhang mit dieser Kampagne?
Es handelt sich ja nicht um eine lang und detailliert geplante Kampagne. Ich habe die Aktion initiiert, aber mir steht es nicht zu, Vorgaben zu machen.

Durch die Aktion sind vor allem neue Kontakte und Verbindungen entstanden. Manche Teilnehmende haben sich darüber gefunden und verabredet, auf Demonstrationen als Christ*innen gemeinsam Stellung zu beziehen.

Ein weiteres Beispiel, das mich sehr gefreut hat: Eine Pfarrerin of Colour, der es aus Angst vor Anfeindungen gar nicht so leicht gefallen ist, sich öffentlich zu positionieren, ist nach Absetzen ihres Posts von der Bürgermeisterin angesprochen worden und plant jetzt eine rassismuskritische Veranstaltung mit ihr.

Für Kirchenverhältnisse haben Sie schnell Zulauf bekommen, haben Sie mit der Aktion einen Nerv getroffen?
Es sieht ganz danach aus. Ich hatte damit gerechnet, dass sich vielleicht drei, vier Personen anschließen würden. Tatsächlich sind es derzeit schon mehrere hundert. Ich komme kaum hinterher, alle Nachrichten zu beantworten.

Schnell wurde auch die Bitte nach einer allgemeineren Vorlage für christliche „Nicht-Pfarrpersonen“ laut. Dem bin ich mit „Christ*innen gegen Rechts“ sehr gerne nachgekommen.

 

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Ein Beitrag geteilt von Flori Bombe (@floridebomb)

Wen hoffen Sie über die Aktion zu erreichen, der außerhalb ihrer eigenen Bubble ist? Und klappt das?
Ich glaube nicht, dass die Aktion einen „strammen Nazi“ bekehren würde. Mir geht es um die Zögerlichen, Verunsicherten, Unentschlossenen, aber auch die, die sich mit ihren Diskriminierungserfahrungen und/oder ihrer Haltung gegen Rechts einsam fühlen. Wir sind nicht allein.
Wenn ich mir die Nachrichten ansehe, die bei mir eintreffen, scheint das aufzugehen. Und das berührt mich.

Was halten Sie als Pfarrerin von einem AfD-Verbot?
Ich finde es richtig und wichtig, dass sich in Deutschland Parteien nicht „einfach so“ verbieten lassen. Im Falle einer Partei, der mehrfach Rechtsextremismus und Demokratiefeindlichkeit nachgewiesen wurde, halte ich es für angebracht. Demokratie ist leider keine Selbstverständlichkeit, sie muss beschützt werden.

Wir müssen aber auch bedenken: Ein Parteiverbot wird nicht alle Probleme lösen. Die Menschen, die ihre rassistischen, sexistischen, queer- und behindertenfeindlichen Positionen unterstützt haben, werden ja bleiben. Wie werden wir wieder zueinander finden?

Hinweis der Redaktion: Sie wollen auch gegen Rechtsextremismus auf die Straße gehen? Hier finden Sie eine Übersicht über bevorstehende Demos.