Bericht: Höchststand bei Ausfällen wegen psychischer Probleme
Weil es der Psyche nicht gut geht, können offenbar immer mehr Menschen zeitweise nicht arbeiten. Dass die Zahlen steigen, liegt einerseits an Erkrankungen, andererseits auch an einem Umdenken.
Wegen psychischer Erkrankungen haben im vergangenen Jahr besonders viele Beschäftigte am Arbeitsplatz gefehlt. Die Zahl entsprechender Krankheits- oder Arbeitsunfähigkeitstage (AU) stieg 2022 auf einen Höchststand von 132 Millionen, wie die „Rheinische Post“ (Montag online) berichtete. Sie bezog sich auf eine Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Fraktion. Demnach betrug die Zahl der AU-Tage wegen psychischer Erkrankungen im Jahr 2021 noch 126 Millionen.
Bei Frauen stieg die Zahl einschlägiger AU-Tage im Vergleich zum Vorjahr demnach um 2,7 Prozent auf 77 Millionen. Bei Männern sei es ein Plus von 7,8 Prozent auf 55 Millionen gewesen. Die durchschnittliche Ausfallzeit wegen psychischer und Verhaltensstörungen habe mit 32 Tagen auf einem ähnlich hohen Niveau gelegen. Überdurchschnittlich hoch sei die Zahl der Krankheitstage im Gesundheitssektor, in der öffentlichen Verwaltung sowie in Schulen und Kitas.
„Arbeitsunfähigkeit aufgrund psychischer und Verhaltensstörungen bleibt auf hohem Niveau. In den letzten fünf Jahren kam es zu einer Erhöhung von 1,7 Prozent und in den letzten zehn Jahren zu einem Anstieg um 4,8 Prozent“, erklärte das Ministerium. Die Ursachen würden zum Beispiel in den Folgen der aktuellen Krisen, aber auch in einer größer werdenden Offenheit im Umgang mit psychischen Erkrankungen vermutet. Auch durch Veränderungen in der Arbeitswelt ergäben sich „neue Belastungsanforderungen an die Beschäftigten, die die psychische Gesundheit beeinflussen können“.
Die Linken-Politikerin Susanne Ferschl forderte die Bundesregierung zum Handeln auf. Sie müsse Geld in die Hand nehmen und konkrete Maßnahmen treffen, „um den Teufelskreislauf aus Überlastung und Personalmangel zu durchbrechen“. Notwendig seien eine Anti-Stress-Verordnung, flächendeckende Arbeitsschutzkontrollen und Personalbemessungsgrenzen.
Auch bei Fällen von Berufsunfähigkeit spielen psychische Erkrankungen eine große Rolle, wie am Dienstag die Debeka in Koblenz mitteilte. Der nach eigenen Angaben viertgrößte Lebensversicherer in Deutschland wertete dafür seinen Bestand von etwa 426.000 gegen Berufsunfähigkeit versicherten Personen für 2022 aus. Berücksichtigt worden seien dabei 1.075 neu eingetretene Leistungsfälle.
Für 47,5 Prozent waren den Angaben zufolge psychische Erkrankungen der Grund für eine Berufsunfähigkeit. Es folgten mit 15,3 Prozent sogenannte Neubildungen (etwa Krebserkrankungen). Mit 10,6 Prozent sei der Bewegungsapparat zum Beispiel mit Rücken und Gelenken der dritte Grund, nicht mehr arbeiten zu können. „Während körperliche Beschwerden lange Zeit die Berufsunfähigkeitsstatistiken prägten, hat zwischenzeitlich eine deutliche Verschiebung hin zu psychischen Erkrankungen stattgefunden“, hieß es.