Geld machen mit dem Leid anderer: Eine Recherche des NDR hat ein Betrügernetzwerk im Gazastreifen aufgedeckt. Die Täter sammeln Geld mit falschen Spendenaufrufen – und nutzen auch die Identitäten echter Kriegsopfer.
Eine Gruppe mutmaßlicher Betrüger aus dem Gazastreifen hat laut einer NDR-Recherche Millionenbeträge mit falschen Spendenaufrufen erbeutet. Drahtzieher soll unter anderem eine palästinensische Familie sein, die selbst in dem Krisengebiet lebt, wie der Sender am Montag auf tagesschau.de berichtete. Die Betrüger rufen demnach hauptsächlich über Crowdfunding zu Spenden mit Kryptowährungen und Paypal auf. Um glaubhaft zu wirken, hätten sie unter anderem Hilfsaktionen fingiert oder falsche Hilfsorganisationen erfunden, wie “Waves of Solidarity” oder die “Muhammed Khaled Relief Foundation”.
In zahlreichen Fällen sollen die Betrüger Bilder und Videos von echten Spendenaufrufen genutzt haben, um für ihre falschen Zwecke zu werben. Teilweise übernähmen die Täter auch die Identitäten echter Kriegsopfer und kopierten deren Online-Beiträge. Für diese Praktiken gebe es eigene Fake-Accounts, die auf diversen Plattformen koordiniert Geld mit kopierten Beiträgen sammeln. Verbreitung fänden die falschen Aufrufe oft über Soziale Medien.
Im Zentrum vieler Aktivitäten stehe eine Initiative namens “Bitcoin for Palestine”, gegründet von einem Mann namens Yusef Mahmoud A., dessen Verwandte an den Spendenbetrügen beteiligt sein sollen. Die Initiative sei 2023 ins Leben gerufen und noch 2024 von der Kryptobranche als lebensrettende Initiative gefeiert worden. Zuletzt habe sich aber Kritik gehäuft, da die Initiatoren Spendengelder für ihr Privatleben zweckentfremdet haben sollen. Yusef Mahmoud A. bestritt laut NDR diese Vorwürfe.
Die Betrugsmasche offenbart für den Sender Schwachstellen in Crowdfunding-Plattformen wie “Gofundme” oder “Chuffed”. Allein in Deutschland habe es seit dem Terrorangriff vom 7. Oktober etwa 12.000 Spendenaktionen für den Nahen Osten auf “Gofundme” gegeben – mit einem Gesamtvolumen von rund 32 Millionen Euro. Die Plattformen gaben auf NDR-Nachfrage an, Betrüger zu überprüfen und Kampagnen bei Bedarf auch zu entfernen. Betroffene Spender erhielten entweder automatisch eine Rückerstattung oder würden über ihren Anspruch informiert.