Antiziganismus: Erster Jahresbericht erfasst 621 Vorfälle in Deutschland

Diskriminierung, Anfeindungen, Gewalt: In 621 Vorfällen hat die neue Melde- und Informationsstelle im vergangenen Jahr Antiziganismus erfasst – auffallend häufig bei staatlichen Behörden.

Der erste Jahresbericht Antiziganismus hat erschreckend hohen Zahlen (Archivbild)
Der erste Jahresbericht Antiziganismus hat erschreckend hohen Zahlen (Archivbild)Imago / Funke Foto Services

Die Melde- und Informationsstelle Antiziganismus (MIA) hat im vergangenen Jahr 621 antiziganistische Vorfälle erfasst. Das geht aus dem ersten Jahresbericht der MIA hervor, der in Berlin vorgestellt wurde. Mehr als die Hälfte der Vorfälle beziehen sich den Angaben zufolge auf Diskriminierung von Angehörigen der Sinti und Roma im Alltag. Auch ein Fall extremer Gewalt mit dem Einsatz einer Druckluftwaffe, 17 körperliche Angriffe, elf Bedrohungen und vier Sachbeschädigungen sind im Bericht verzeichnet.

MIA definiert als Antiziganismus unter anderem „die gesellschaftlich tradierte Wahrnehmung von und den Umgang mit Menschen oder sozialen Gruppen, die als ‚Zigeuner‘ konstruiert, stigmatisiert und verfolgt wurden und werden“. Sinti und Roma seien dabei die zahlenmäßig am stärksten betroffene Gruppe. Antiziganismus sei heute vorwiegend rassistisch begründet.

Jeder zweite gemeldete Fall „im behördlichen Kontext“

In dem aktuellen Bericht heißt es weiter, dass etwa jeder zweite gemeldete Fall von Diskriminierung „im behördlichen Kontext“ erfahren worden sei. Besonders gravierende Vorfälle habe es gegeben im Umfeld von Polizei, Jugendamt, Jobcenter sowie von kommunalen Verwaltungen, die für die Unterbringung von Geflüchteten zuständig sind. In jedem siebten verzeichneten Fall seien geflüchtete ukrainische Roma betroffen.

Die MIA wurde 2021 nach einem Bundestagsbeschluss errichtet und wird vom Bundesfamilienministerium gefördert. Ihr Auftrag ist es, systematisch Fälle von Antiziganismus zu erfassen – unter und über der Strafbarkeitsgrenze. Dazu wurden fünf regionale Meldestellen eingerichtet sowie die Möglichkeit, Vorfälle per Telefon, E-Mail oder über ein Formular online zu melden.