Bei Vermögensverteilung weiter große Ost-West-Unterschiede

In Deutschland ist das Vermögen der Menschen sehr verschieden verteilt. Besonders zwischen Ost- und Westdeutschland sehen Forscher 35 Jahre nach dem Fall der Mauer am 9. November 1989 weiterhin große Unterschiede.

Bei der Vermögensverteilung liegt Ostdeutschland auch mehr als drei Jahrzehnte nach der friedlichen Revolution hinter den westlichen Bundesländern. Das ist ein Ergebnis des “Sozialberichts 2024”, der am Mittwoch in Wiesbaden von verschiedenen Instituten vorgestellt wurde. Auf mehr als 400 Seiten werden in zwölf Kapiteln zahlreiche Lebensbereiche dargestellt. Durchschnittlich besitzen demnach ostdeutsche Haushalte 150.900 Euro, westdeutsche 359.800 Euro.

Die Unterschiede seien unter anderem auf ein niedrigeres Lohnniveau in Ostdeutschland, eingeschränkte Möglichkeiten zum Aufbau von Privatvermögen in der DDR-Zeit sowie auf niedrigere Immobilienwerte in den östlichen Bundesländern zurückzuführen. “Ostdeutschland ist im Europavergleich auf den untersten Plätzen bei Zufriedenheit”, erklärte Philip Wotschack vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung bei der Vorstellung der Ergebnisse.

In den vergangenen Jahren habe sich die Lücke zwischen Ost und West kaum geschlossen. Die Haushaltsnettovermögen seien allerdings bundesweit zwischen 2011 und 2021 im Durchschnitt um 39 Prozent gestiegen. Dieser Zuwachs sei hauptsächlich auf höhere Immobilienpreise zurückzuführen. Für viele Menschen stelle eine Immobilie die wichtigste Anlage dar.

Die reichsten zehn Prozent der Haushalte in Deutschland verfügen dabei über 56 Prozent des Gesamtvermögens. Damit besitzen 90 Prozent der Haushalte weniger als die Hälfte des Vermögens. Die Forscher sehen Schenkungen und Erbschaften als wichtige Ursachen für Vermögensunterschiede.

Deutschland zählt nach Angaben der Verfasser damit im europäischen Vergleich zu den Spitzenreitern in Sachen Ungleichheit. Am niedrigsten sei sie in der Slowakei. Dort hätten die reichsten zehn Prozent 32,6 Prozent des Vermögens.

2022 waren laut Studie etwa 15 Prozent aller Haushalte in Deutschland von Armut bedroht, im Osten wiederum rund 19,4 Prozent. Die Armutsrisikoschwelle betrug dabei für einen Ein-Personen-Haushalt rund 1.200 Euro netto und lag für einen Zwei-Personen-Haushalt mit Kind bei 2.160 Euro netto im Monat. Die Armutsgefährdungsquote liege bei Menschen mit Einwanderungsgeschichte etwa doppelt so hoch, wie bei Menschen ohne eine solche Biografie.

“Die Armut hat sich verfestigt”, sagte Bevölkerungsexperte Wotschack und erneuerte damit einen Befund aus dem Jahr 2021, als zuletzt eine solche Analyse für Deutschland veröffentlicht wurde. So sei etwa das Risiko von Altersarmut weiter gestiegen. Bei 60- bis 79-Jährigen zeige sich im Vergleich zum Zeitraum von 2015 bis 2019 Anstieg des Risikos von einem Prozentpunkt, bei 70- bis 79-Jährigen von knapp zwei Prozentpunkten.

Die Wissenschaftler stellen auch hierbei Ost-West-Unterschiede fest. Altersarmut sei auch ein Ergebnis aus niedrigeren Alterseinkommen, die sich etwa durch längere Zeiten von Arbeitslosigkeit ergeben und dies treffe auf Ostdeutsche stärker zu: In der Altersgruppe der 60- bis 69-Jährigen seien 24 Prozent von Armut bedroht; in Gesamtdeutschland rund 17 Prozent.