Begleiter auf dem Weg zurück ins Leben

34 Jahre unterstützte Axel Zuber Menschen nach Haftstrafen. Jetzt geht der Leiter der Straffälligenhilfe Delmenhorst in Ruhestand. Ein Blick zurück.

Mit einem Koffer Delmenhorster Spezialitäten verabschiedeten Katharina Baehr (links), Nachfolgerin Corinna Jürs (2. von rechts) und Karl-Heinz Franke, der Leiter des Diakonischen Werkes delmenhorst/Oldenburg-Land den langjährigen Leiter Axel Zuber
Mit einem Koffer Delmenhorster Spezialitäten verabschiedeten Katharina Baehr (links), Nachfolgerin Corinna Jürs (2. von rechts) und Karl-Heinz Franke, der Leiter des Diakonischen Werkes delmenhorst/Oldenburg-Land den langjährigen Leiter Axel ZuberFrerk Hinrichs

Delmenhorst. In der Straffälligenhilfe erhalten Menschen nach einer Haftstrafe Hilfe und Unterstützung. Denn Menschen, die aus dem Gefängnis kommen, haben viele Probleme: keine Wohnung, keine Arbeit und hohe Schulden. Versicherungen drängen auf Schadensersatz für die Straftat, ehemalige Vermieter bestehen auf Ausgleich von Mietrückständen, und Energielieferanten bestehen auf Zahlung der letzten Raten. Denn zwischen Verhaftung und Kündigung der Wohnung ist meist einige Zeit vergangen, in der die Straffälligen kein eigenes Einkommen hatten.
Deswegen können sie nach der Haft nicht bei null anfangen, sondern müssen viele Hürden überwinden, um wieder in ein normales Leben zurückzufinden. Für Menschen, die eher weniger soziale Kontakte haben und sich mit sozialen Konventionen schwer tun, ist es noch schwieriger. „Für viele sind wir der Scout im Lebensdschungel,“ fasst Zuber zusammen.

Hilfe für den Alltag

Bei der Diakonie gibt’s praktische Anregungen für den Alltag, konkrete Hilfen beim Sortieren der Finanzen und 13 Plätze in Übergangswohnungen. Mit Sorge beobachtet die Straffälligenhilfe, dass die Nachfrage nach Wohnplätzen anhält, obwohl die Zahl der Inhaftierten in Niedersachsen erheblich zurückgegangen ist. Die Delmenhorster Anlaufstelle betreut im Jahr fast 200 Personen. Viele kommen mehrmals in der Woche vorbei, um verschiedene Dinge mit den Sozialarbeitern der Diakonie zu besprechen.
Die meisten Klienten sind zwischen 25 und 45 Jahre alt und müssen mit dem geringen Arbeitslosengeld II hinkommen. Jeder Vierte braucht dazu die Geldverwaltung durch die Sozialarbeiter. Noch einmal so viele Klienten haben sich unter die Geldverwaltung der Diakonie begeben, um eine Ersatzfreiheitsstrafe abzuwenden. Ersatzfreiheitsstrafen drohen immer dann, wenn gerichtliche Zahlungsauflagen nicht eingehalten werden.
Was einmal als Delmenhorster Projekt begann, wird mittlerweile in ganz Niedersachsen angeboten. Über 1500 Menschen mit geringem Einkommen bleibt eine meist kurze Haft erspart, weil sie mit einer die Ratenzahlungen sichernden Geldverwaltung einverstanden sind und gemeinnützige Arbeiten übernehmen. Gerade bei Menschen mit geringeren sozialen Kompetenzen ist das praktische Kriminalitätsprävention, betont Axel Zuber, scheidender Leiter der Straffälligenhilfe.

Geplagt von Schulden

Denn schon wenige Tage Haft bedeuten für die Betroffenen oft das Aussetzen vom Bezug von Sozialleistungen. In der Folge drohen Wohnungsverlust und neue Schulden. Die Probleme beginnen von neuem. Die Durchbrechung dieses Kreislaufes durch das Projekt Geldverwaltung erspart dem Land Niedersachsen übrigens teure Ausgaben von über 3,5 Millionen Euro im Jahr, ist Zuber auch ein wenig stolz.
„Dass so viele Menschen sich der Straffälligenhilfe anvertrauen, bedeutet hohe Verantwortung,“ erklärt Zuber. „Es macht einen aber auch zufrieden, wenn man erlebt, dass die Menschen Rat und Unterstützung annehmen.“ Zum Ende seiner Dienstzeit legt er seine Aufgaben nun in jüngere und weibliche Hände. Kollegin Corinna Jürs tritt seine Nachfolge an.

Ausländische Ex-Häftlinge haben ein Problem

Eines aber liegt Zuber noch am Herzen: Menschen aus europäischen Nachbarländern, die in Deutschland in Haft waren, haben nach der Entlassung keinerlei Anspruch auf Sozialleistungen. Wenn die nicht schnell eine Arbeit finden, seien sie mittellos. Ohne jede Chance, sich zu resozialisieren. „Mit der Absicht, sie aus dem Land zu zwingen, drängen deutsche Gesetze diese Menschen in die Illegalität. Weil das Geld zur Ausreise und zum Aufbau einer neuen Existenz fehlt.“