Begeisterung für Gottes Wort

Über das, was Gott verkündet, schreibt Torsten Amling. Er ist heute Pfarrer in der Schweiz.

Der Predigttext des folgenden Sonntags lautet: „Ist mein Wort nicht wie ein Feuer, spricht der Herr …“ aus Jeremia 23, 16-29 
„Ist mein Wort nicht wie ein Feuer, spricht der Herr, und wie ein Hammer, der Felsen zerschmeißt?“, so heißt es beim Propheten Jeremia mitten in einer Rede gegen die falschen Propheten.
Vielleicht wünschen wir uns heute manchmal, was von Gott verkündet wird, wäre wie ein verzehrendes Feuer oder ein großer schwerer Hammer, der die Kraft hat, alles zu zerschlagen. Dann würden die Leute aufmerksam werden auf Gottesdienste und gespannt die nächste Predigt erwarten. Und vermissen wir nicht gleich dazu noch die Propheten, die die Menschen magisch anziehen? Haben wir manchmal nicht geradezu eine Sehnsucht nach schillernden Gestalten, die uns die Kirchen füllen? Fehlt uns dafür heute das Personal? Wem wollten wir diese Aufgabe anvertrauen? Stünden die falschen Propheten nicht sofort vor der Tür?
Auch wenn die biblischen Texte manchmal einen anderen Eindruck erwecken, wahrscheinlich war die Realität zu allen Zeiten so ähnlich wie heute. Im Rückblick wirkte alles nur verklärt und wunderbar. Die meisten der Propheten führten in Wirklichkeit ein bedauernswertes Leben und unternahmen die unglaublichsten Dinge, um überhaupt auf sich aufmerksam zu machen. Das Volk machte dennoch, was es wollte, und scherte sich wenig darum. Als später im Abendland jeder getauft wurde, war die Welt dadurch im eigentlichen Sinne keineswegs christlicher als heute.
Das Beschwören der guten alten Zeit erweist sich bei genauem Hinsehen als Trugschluss. Vielleicht waren Menschen in der weniger rationalen und nüchternen Welt von früher leichter für alles zu begeistern, auch für Gottes Wort. Aber wie sah es, um ein Modewort unserer Tage zu benutzen, mit der Nachhaltigkeit aus? Geht es letztlich in den Schriften der Propheten und in den Briefen der Apostel nicht von vorn bis hinten darum, die Leute bei der Stange zu halten?
Gottes Wort wie ein Feuer und ein Hammer? Mir kommt es heute weniger zerstörerisch vor, keineswegs wirkungslos, aber doch eher wie ein steter Tropfen, der den Stein höhlt, oder eine Glut, die nicht erlischt.
Unser Autor
Torsten Amling, früher Greifswald, ist heute Pfarrer in der Schweiz.
Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Mittwoch.