Industrie gegen Indigene – In der Heimatprovinz des neuen Millioneneinkaufs vom FC Bayern, Luis Diaz, sind Kolumbiens große Probleme versammelt. Auch die Familie des Stürmerstars selbst hatte schon darunter zu leiden.
In diesen Tagen ist Barrancas in der Provinz La Guajira wieder mal in den kolumbianischen Schlagzeilen. Die Kleinstadt ist nicht nur die Heimat von Kolumbiens Fußballstar Luis Diaz, der laut Fachpresse in dieser Woche für kolportierte 75 Millionen Euro vom FC Liverpool zum FC Bayern wechseln soll. Auch die Kohlemine “El Cerrejon” ist mal wieder in den Medien. Kolumbiens linksgerichteter Präsident Gustavo Petro hat die dort lebenden Indigenen des Wayuu-Volkes aufgefordert, Kohletransporte aus der Mine, die für Israel bestimmt sein könnten, zu blockieren. Auch an die Marine sei eine entsprechende Ansage gegangen, berichten örtliche Medien. Das Schweizer Bergbau-Unternehmen Glencore entgegnete freilich, der letzte Kohleexport nach Israel sei im August 2024 erfolgt.
Auch Deutschland bezog in den vergangenen Jahren Kohle aus der Mine. Infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und des Gaslieferstopps aus Moskau griff die damalige Ampelregierung in Berlin vorübergehend wieder verstärkt auf Kohle zurück. Und die kam trotz Protesten der lokalen Bevölkerung aus Barrancas.
Die Eisenbahn- und Zufahrtswege zur Kohlemine “El Cerrejon”, von den Einheimischen wegen ihres Wasserdurstes und ihrer schieren Dimension “das Monster” genannt, werden tatsächlich immer wieder mal von der indigenen Bevölkerung blockiert; allerdings wenn Regierung oder Minenbetreiber gegebene Zusagen nicht einhalten. Die Region im Nordosten Kolumbiens ist konfliktbeladen. Bewaffnete Gruppen kämpfen um die Vorherrschaft. Es gibt Berichte über unterernährte indigene Kinder, die verhungern – und geplatzte Versprechen für eine Energie-Transformation.
Vor zwei Jahren geriet auch die Familie von Fußballer Diaz in die Wirren des Konflikts: Eine Guerillagruppe hatte die Eltern entführt. Die Mutter konnte schnell befreit werden; der Vater wurde nach zwei Wochen bangen Wartens von einer Delegation aus katholischer Kirche und Vereinten Nationen entgegengenommen.
Der zuständige Bischof Francisco Ceballos von Riohacha und der Priester Hector Fabio Henao, zuständig für die Beziehungen zwischen Staat und Kirche, gehörten zur der Kommission, die sich dem Entführten kurz vor dessen Freilassung näherten. “Als ich ihn umarmte, fing er an zu weinen und bedankte sich bei mir, aber ohne viele Worte. Es war mehr das Gefühl, sich frei zu fühlen und Leute zu sehen, die er kannte”, beschrieb Bischof Ceballos damals den Moment der Übergabe.
Diaz sei sehr erschöpft gewesen, da er in den vergangenen Tagen lange Strecken zu Fuß habe zurücklegen müssen. “Wir freuen uns über die Nachricht von der sicheren Rückkehr von Luis’ Vater und danken allen, die sich für seine Freilassung eingesetzt haben”, teilte Diaz’ Klub FC Liverpool im November 2023 erleichtert mit.
Die Freilassung war ein spektakulärer Erfolg, auch für die katholische Kirche in dem konfliktbeladenen Land. Er wertete nicht nur das Image, sondern auch das gesellschaftspolitische Gewicht der Kirche auf. “Die Kirche war Architektin der Freilassung von Luis Diaz’ Vater”, kommentierte das Nachrichtenmagazin “Semana” damals.
In München tritt Diaz nun die Nachfolge von zwei kolumbianischen Vorgängern an: Adolfo Valencia aus Buenaventura an der Pazifikküste, den sie wegen seines Zugs zum Tor “El Tren” nannten, trug in der Saison 1993/94 das Trikot der Bayern. Und von 2017 bis 2019 war James Rodriguez, geboren in Cucuta an der Grenze zu Venezuela, Mitglied des Münchner Starensembles. Valencia verließ die Bayern ein Jahr später wieder, weil ihm der neue Trainer Giovanni Trapattoni zu defensiv spielen ließ – und James Rodriguez war es in München einfach zu kalt.