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Bayerns Bahnhofsmissionen 2024 so oft kontaktiert wie nie zuvor

Für viele Menschen sind die Bahnhofsmissionen inzwischen zum letzten Zufluchtsort geworden. Wer in Not ist, bekommt hier etwas zu essen, zudem wird einem zugehört. Zu den ehrenamtlichen Helfern gehört auch ein Bischof.

Sie helfen, wenn alle anderen Anlaufstellen geschlossen sind, und waren 2024 so gefragt wie nie zuvor: Die zwölf Bahnhofsmissionen in Bayern haben im vergangenen Jahr fast 565.000 Gästekontakte verzeichnet. Das sei ein neuer Rekord, heißt es im neuen Newsletter der Organisation. Im Vergleich zu 2023 sei die Zahl der Kontakte um 18 Prozent gestiegen.

Auffällig: Die Zahl psychisch belasteter Menschen habe noch einmal stark zugenommen, hieß es. Fast ein Drittel derer, die sich an die Bahnhofsmissionen wendeten, leide unter einer seelischen oder Suchterkrankung. Das Bild sei bayernweit einheitlich, erklärten die Verantwortlichen des katholischen und evangelischen Trägerverbandes. Die Belastung der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden wachse stetig, auch räumlich stießen die Bahnhofsmissionen an Grenzen.

Weitere Zahlen aus dem Jahr 2024: In den bayerischen Bahnhofsmissionen wurden rund 50.000 Beratungs-, Seelsorge- und Krisengespräche geführt. Rund 164.000-mal wurde materielle Hilfe geleistet – von Notversorgung über Hygieneartikel bis zu Schlafsäcken. Die Zahl der Aufenthalte in den Missionen betrug 508.000.

Aktuell prominentester Mitarbeiter ist der Würzburger Bischof Franz Jung. Einmal im Monat leistet er eine Schicht in der Mission seiner Bischofsstadt. Man werde dort mit vielen Lebensschicksalen konfrontiert, “für die es keine einfache Lösung gibt”. Er treffe in der Bahnhofsmission Menschen am Rande der Armutsgrenze oder noch darunter. “Zu Beginn habe ich sehr unter der Erfahrung der Ohnmacht gelitten. Man will helfen. Aber das Gegenüber entscheidet, ob es das Angebot annehmen will”, so der Bischof. Das habe ihn gelehrt, erst einmal zuzuhören.

Jung sagte, ihn fasziniere, wie die Bahnhofsmission für viele zu einem letzten Zufluchtsort werde, “wenn sie in anderen Anlaufstellen abgeblitzt sind”. Zum Teil würden sie auch von offiziellen Stellen wie der Polizei dort abgegeben, wenn es um schnelle unbürokratische Hilfe gehe. “Man bekommt zu essen, kann sich aufwärmen, findet ein offenes Ohr für die Sorgen.”

Zugleich beklagte der Bischof die finanzielle Lage der Bahnhofsmissionen in Deutschland als prekär. Ihn bedrücke, wie die Unterstützung durch die öffentliche Hand immer weiter zurückgefahren werde, obwohl der Hilfebedarf steige. Dabei sei dieses niederschwellige Angebot “geradezu modellhaft, gerade auch für den Zusammenhalt der Gesellschaft”.