Sie stelle sich ihren Lebensretter als jemanden vor, dem andere nicht egal waren und als „Jemanden, der nach seinem Tod noch etwas vorhatte“. Das schreibt die 57 Jahre alte Nicole in einem Dankesbrief. Der Brief ist Teil der Ausstellung „Weil jeder Atemzug ein Wunder ist …“ im Gießener Uniklinikum. Das Besondere: Dankschreiben von Menschen, die ein Organ transplantiert bekommen haben, sind gemeinsam ausgestellt mit Fotografien von gestrickten Organen. Ziel der Ausstellung sei es, „Menschen auf positive Weise zu ermutigen, sich mit dem Thema Organspende zu befassen“, sagt die Kunstbeauftragte am Universitätsklinikum Gießen, Susanne Ließegang.
Die gestrickten Organe stammen von der Wiener Ärztin und Anthropologin Katharina Sabernig. In der Gießener Ausstellung ist zum Beispiel eine aus gelber Baumwolle gefertigte Bauchspeicheldrüse zu sehen, die sanft von einem orangefarbenen Zwölffingerdarm umgeben ist. Die Mediziner gäben ihr die Rückmeldung, von der korrekten Wiedergabe der Organe überrascht zu sein, berichtet Ließegang. „In gestrickter Form dargestellt, erscheint die Anatomie harmlos, vertraut und nicht bedrohlich“, schrieb Sabernig in einem Begleitheft zu einer Ausstellung in Graz.
Für die Gießener Ausstellung hat Sabernig eigens eine Arbeit gestrickt. Sie zeigt ein Paar, im Bett liegend, verbunden durch zwei Nieren: Ein Partner spendete dem anderen eine Niere. Die Ausstellung sei „eine andere Art der Annäherung“ an das Thema Organspende, verdeutlicht die Transplantationsbeauftragte am Uniklinikum, Sabine Moos.
„Man hört immer nur die Zahlen“, sagt Moos, aber die Ausstellung zeige: Jemand lebt nur, weil ein anderer die Entscheidung traf, zu spenden. Es gehe um Wertschätzung, erklärt Ließegang, und auch um einen Perspektivwechsel, wie Moos ergänzt: Wie schnell könnte ich selbst betroffen sein? Es wäre wichtig, dass Organspenden in der Gesellschaft als positiv angesehen werden, betont die Ärztin.
Ließegang ist seit 2014 an der Uniklinik beschäftigt. Im Klinikum existierten verschiedene Kunstorte, die sie zusammen mit dem „Freundeskreis der Kunst im Uniklinikum Gießen“ bespielt. So ist derzeit beispielsweise im Kapellengang, an dessen Ende sich die Kapelle befindet, eine Ausstellung der Atomphysikerin Katja Eminusk zu sehen. Zu jeder Ausstellung gebe es ein Format „Kunst und Gottesdienst“, erzählt die Kunsthistorikerin. Im Gang zwischen Notaufnahme und Chirurgie wird schon länger eine Ausstellung „feedback“ von Nikolaus Koliusis gezeigt, die mit Worten wie „JAber“, „Warum-Nicht“ oder „Schön Schon“ spielt.