AWO-Bundesverband: Finanzielle Familienleistungen sind ungerecht
Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) fordert eine Reform der finanziellen Hilfen für Familien. Der Familienlastenausgleich sei „ungerecht und verteilungspolitisch grob fahrlässig“, kritisierte AWO-Präsident Michael Groß am Dienstag in Berlin. Es müsse endlich auf Steuergeschenke für Reiche verzichtet und mit dem Geld denen geholfen werden, die auf Hilfe angewiesen seien.
Spitzenverdiener kämen durch die Kinderfreibeträge bei der Einkommenssteuer auf eine monatliche Entlastung von bis zu 370 Euro, während das Kindergeld für alle 250 Euro im Monat betrage, rechnet der Wohlfahrtsverband vor. Einer Studie des DIW Econ im Auftrag des Verbandes zufolge beziehen etwa 4,5 Millionen Haushalte allein das Kindergeld. Rund 4,2 Millionen Haushalte mit höheren Einkommen können zusätzlich Kinderfreibeträge geltend machen.
Am stärksten profitieren davon Eltern, die zusammen 555.650 Euro und mehr im Jahr verdienen: Sie erhalten monatlich für ein Kind 118 Euro mehr vom Staat als ein Paar, das nur Kindergeld bekommt. Nach Berechnungen des DIW Econ Instituts hätte der Staat ohne die Steuerentlastungen durch Kinderfreibeträge Mehreinnahmen von knapp 3,5 Milliarden Euro pro Jahr. Von diesem Geld könne man die Regelsätze für Kinder im Bürgergeld und den Kinderzuschlag für Geringverdiener um 100 Euro erhöhen, erklärte die AWO. Damit würden rund drei Millionen Kinder erreicht, deren Eltern niedrige oder gar kein eigenes Einkommen haben.
In Deutschland lebten dem Mikrozensus von 2023 zufolge 20,7 Prozent der Kinder an oder unter der Armutsgrenze. Rund 1,5 Millionen Kinder unter 15 Jahren bezogen im Mai dieses Jahres Bürgergeld. Die Armutsquote unter Kindern ist höher als in der Gesamtbevölkerung, wo sie 16,6 Prozent beträgt.