Autorin Anne Rabe: Im Osten gibt es eine „vererbte Brutalität“

Nach Ansicht der Autorin Anne Rabe gibt es in Ostdeutschland eine „vererbte Brutalität“. Das habe sicher auch etwas damit zu tun, dass viele Menschen nach der Friedlichen Revolution von 1989 weggegangen seien, sagte sie in einem Interview im Berliner „Tagesspiegel“ (Sonntag). Diejenigen, die geblieben seien, seien oft „männlich, älter, ängstlicher“. Da stecke ein anderes Gewaltpotenzial drin, so die Autorin weiter. Bilder wie in Chemnitz 2018, als Menschengruppen Leute gejagt hätten, die anders aussähen, gebe es eher im Osten als im Westen.

Weiter erklärte Rabe, rechte Gewalt im Osten „ist so erschreckend wie seltsam vertraut“. Nach der Wende habe die „rechte Zivilgesellschaft erfolgreich Migrantinnen und Migranten vertrieben“. Nach ihrer Ansicht gibt es in Ostdeutschland „eine Härte in der Erziehung, im Umgang miteinander und ein traditionelleres Männlichkeitsbild“, fügte die Autorin hinzu: Die Hand sitzt lockerer.“ Es lasse sie frösteln, dass „am Ende jeder dritte Ostdeutsche kein Problem mit der Partei des Rechtsextremisten Björn Höcke (AfD) hat“.

Die Solidarität in der DDR, von der viele sprächen, sei meist eine Zwangsgemeinschaft gewesen. Zugleich habe es großes Misstrauen gegeben. Beim Einheitsprozess hätten alle unterschätzt, dass eine Zivilgesellschaft aufgebaut werden müsse. „Demokratie lernt man nur an der Basis“, so Rabe.

Anne Rabe wurde 1986 in Wismar geboren und lebt seit 2005 in Berlin. Sie wurde unter anderem mit dem Kleist-Förderpreis für junge Dramatiker ausgezeichnet und ist mit ihrem Roman „Die Möglichkeit von Glück“ für den Deutschen Buchpreis 2023 nominiert. In ihren Werken beschäftigt sie sich immer wieder mit den Menschen in Ostdeutschland. Außerdem schreibt sie für TV-Serien wie „In aller Freundschaft“, „Die Heiland“ und „Warten auf’n Bus“.