Die Bremerhavener Historikerin Simone Blaschka warnt vor einer durch Hetze, Rassismus und Antisemitismus aufgeladenen politischen Situation. „Der Ernst und die Gefahren dieser Lage werden aus meiner Sicht im Moment nicht genug gewürdigt“, sagte die Direktorin des Deutschen Auswandererhauses dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Museum in Bremerhaven wurde am 8. August 2005 eröffnet und feiert jetzt sein 20-jähriges Bestehen.
2007 wurde es als Europas „Museum des Jahres“ ausgezeichnet. Der zweifach um den Aspekt der Einwanderung nach Deutschland erweiterte Komplex steht an einem historischen Ort: Am Neuen Hafen in Bremerhaven haben zwischen 1830 und 1974 mehr als sieben Millionen Menschen ein Schiff bestiegen, um auszuwandern. Die Seestadt wurde zum größten kontinentaleuropäischen Auswandererhafen.
Um sich über Ein- und Auswanderungsfragen eine eigene Meinung bilden zu können, biete das Museum vor dem Hintergrund des komplexen Themas faktenorientierte Informationen, betonte Blaschka. „Sie sind angesichts der rechtsradikalen Positionen zum Thema Migration, die in den Bundestag eingezogen sind, noch dringender geworden.“ Das Sagbare sei in immer größere Radikalität verschoben worden. Das Auswandererhaus verstehe sich in dieser gefährlichen Situation als Ort des Austausches, „als Teil einer lebendigen Demokratie“.
Rund 3,4 Millionen Besucherinnen und Besuche haben Blaschka zufolge seit der Eröffnung die Ausstellung gesehen. Migrationsgeschichte in einem Museum zu erzählen, das sei vor 20 Jahren noch ganz neu gewesen, so die Direktorin. „Mittlerweile haben bundesweit viele Museen Migration als Teil der deutschen Geschichte in ihrer Dauerausstellung aufgenommen.“ Das sei auch gut so. „Wir haben hier in Bremerhaven als Themenmuseum trotzdem noch ein Alleinstellungsmerkmal. Wir können tiefergehend Zusammenhänge herstellen.“
Dabei setze das Haus auf emotionale Inszenierungen wie eine Hafenszene und die herausfordernde Situation bei der Überfahrt an Bord der Auswandererschiffe, verdeutlichte die Wissenschaftlerin. Die Gründe, die einen Menschen beispielsweise dazu bewogen hätten, nach Deutschland zu kommen, könnten nicht in Vitrinen dargestellt werden. Sie hätten mit Gefühlen zu tun und müssten über Biografien erzählt werden: „Das war immer unser Ziel: authentisch persönliche Geschichte erzählen aus der Perspektive der Menschen.“