Ausstellung zeigt Göttinger Verbindungen zur Kolonialzeit
Zum zweiten Mal in Folge schlägt eine Ausstellung in Göttingen einen Bogen von der Stadtgeschichte zur Kolonialzeit. Die Schau „Göttingen kolonial 1871-1945“ beleuchtet nach Museumsangaben anhand ausgewählter Biografien Göttinger Bürger aus der Zeit zwischen 1870 und 1945, welche Rolle der Kolonialismus im Alltag der Stadt spielte. Es werde gezeigt, wie Bürger von der kolonialen Herrschaft Deutschlands profitierten und welche Kontinuitäten bis heute bestünden. Die Ausstellung läuft von diesem Sonntag (22. September) bis zum 26. Januar. Davor hatte das Museum in einer Ausstellung die Beziehungen Göttingens zur damaligen deutschen Kolonie Tsingtau in China zum Thema gemacht.
In Göttingen hätten Kolonien spätestens seit Beginn der deutschen Kolonialherrschaft im Kaiserreich und bis in die Zeit des Nationalsozialismus eine bedeutende Rolle gespielt, heißt es in der Ankündigung. Kolonialvereine in der Stadt hätten sich für den Aufbau und die Wiederherstellung deutscher Kolonialherrschaft eingesetzt, während ein Missionsverein Spenden gesammelt habe, um die vermeintliche „Zivilisierung“ der kolonisierten Bevölkerungen zu unterstützen.
Kolonialwarenläden in Göttingen handelten den Angaben zufolge mit Produkten aus den Kolonien, und Soldaten aus Göttingen kämpften in Kolonialkriegen. So entsandte das in der Stadt ansässige 82. Infanterie-Regiment von 1904 bis 1908 insgesamt 42 Freiwillige in die damalige Kolonie Deutsch-Südwestafrika, das heutige Namibia. Die deutschen Truppen begingen dort einen Völkermord an rund 60.000 Herero und Nama.
An der Universität Göttingen wurden Vorlesungen über Rasse-Theorien gehalten und Forschungen zur Lösung der kolonialen Arbeiterfrage betrieben, wie das Museum weiter mitteilte. Ethnografische Objekte, Pflanzen und sogar menschliche Überreste seien aus den kolonialisierten Gebieten in die universitären Sammlungen nach Göttingen gelangt.