Ausstellung erinnert an 50 Jahre Frauenordination

Viele Jahrhunderte war Frauen in der evangelischen Kirche der Weg auf die Kanzel versperrt. Eine Ausstellung erinnert an die ersten Frauen im Pfarramt vor 50 Jahren – in persönlichen Erinnerungen.

Theolgie-Studentinnen zeigen zwei der ersten Frauen-Talare
Theolgie-Studentinnen zeigen zwei der ersten Frauen-TalareJens Schulze / epd

Bad Gandersheim. Unter dem Titel "Talar und Lippenstift" erinnert ab dem 1. Juli eine Ausstellung in Bad Gandersheim an die Ordination der ersten Frauen zu Pfarrerinnen vor 50 Jahren. Die Ausstellung zeichne den Weg der ersten Pastorinnen und anderer Frauen nach, sagen die Initiatoren der braunschweigischen Landeskirche. Lebensentwürfe und Rollenbilder sowie die damit zusammenhängenden Herausforderungen und Widerstände würden sichtbar und nachvollziehbar gemacht. Die Ausstellung ist bis zum 30. September in der Bad Gandersheimer Stiftskirche zu sehen. 
Das Kirchenparlament der braunschweigischen Landeskirche hatte im Januar 1968 nach langen und kontroversen Debatten für die Ordination von Frauen gestimmt – ähnlich wie die benachbarten Kirchen in Hannover und Oldenburg bereits einige Jahre zuvor. Aber auch danach sei der Weg steinig gewesen, sagte die Historikerin und Kuratorin der Ausstellung, Maria Julia Hartgen. Erst zehn Jahre später seien die Frauen ihren männlichen Kollegen rechtlich gleichgestellt worden. Für die Ausstellung waren Pfarrerinnen aus der gesamten Landeskirche aufgerufen, ihre teils schmerzlichen oder auch positiven Erfahrungen aus ihrem Berufsalltag zu teilen. 

Machtvolle Frauen

Anhand biografischer Geschichten werde eine mehr als 1.000-jährige Geschichte von sehr starken und teils auch sehr machtvollen Frauen in der Kirche nachgezeichnet, sagte Hartgen: Angefangen bei der früheren Gandersheimer Kanonisse und Dichterin Roswitha von Gandersheim (935-973) über die Rollenveränderung durch die Reformation bis hin zur jüngsten ordinierten Pfarrerin der braunschweigischen Landeskirche. Zu den Exponaten zählten neben Archivmaterialien und Zeitzeugenberichten auch Frauentalare, die Anfang der 1990er Jahre gefertigt wurden. Auch können Besucher unter dem Hashtag "FrauenundLippenstift" an einer Fotowand ein Selfie machen und es in sozialen Netzwerken posten.
Die Stiftskirchenpfarrerin Meike Bräuer-Ehgart sagte, bewusst solle mit dem Titel der Ausstellung auch ein kirchenferneres Publikum angesprochen werden. Allein zu den in den kommenden Wochen stattfindenden Gandersheimer Domfestspielen werden mehr als 50.000 zusätzliche Besucher in der Kurstadt erwartet. "Der Titel spiegelt auch wider, dass Frauen im Pfarramt bis heute anders wahrgenommen werden als Männer", sagte die Pfarrerin. Dazu zähle der Blick auf die Körperlichkeit als auch die Frage nach der Weiblichkeit unter einer ursprünglich männlichen Amtstracht.  

Bekenntnis zur Frauenordination

Der Frauenanteil in der Pfarrerschaft der braunschweigischen Landeskirche ist nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahrzehnten stetig gewachsen. Während er in den 1980er Jahren noch unter zehn Prozent lag, sind es derzeit fast 37 Prozent. In der Landeskirche gibt es insgesamt 261 Pfarrerinnen und Pfarrer: 95 Frauen und 166 Männer. 
Der stellvertretende Landesbischof Oberlandeskirchenrat Thomas Hofer sagte, die Ausstellung sei ein klares Bekenntnis der Landeskirche zur Frauenordination. Es gebe jedoch immer noch aus vielfältigen Gründen zu wenig Frauen in leitenden Positionen: "Da haben wir noch keinen guten Weg gefunden." (epd)
Info
Die Ausstellung "Talar und Lippenstift" ist vom 1. Juli bis zum 30. September in der Stiftskirche von Bad Gandersheim zu sehen. Geöffnet ist sie vom 1. Juli bis zum 5. August dienstags bis sonntags von 11 bis 19 Uhr und vom 6. August bis zum 30. September dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr.