Ausgebildete Demokratieberater*innen

Seit zehn Jahren bietet das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz Fortbildungen für Ehren- und Hauptamtliche mit „Demokratie gewinnt! In Brandenburg!“ an.

Raus aus dem Käfig der Sprachlosigkeit, Haltung zeigen, miteinander reden, sprachfähig werden – ausgebildete Demokratieberater sind dennoch nicht immer einer Meinung.
Raus aus dem Käfig der Sprachlosigkeit, Haltung zeigen, miteinander reden, sprachfähig werden – ausgebildete Demokratieberater sind dennoch nicht immer einer Meinung.PD/Wood Mixed

Seit 2013 gibt es das Projekt ­„Demokratie gewinnt! In Brandenburg!“. An zehn Tagen im Jahr ­lernen Ehren- und Hauptamtliche aus diakonischen und kirchlichen Einrichtungen, die Demokratie zu verteidigen und Verantwortung für ein demokratisches Miteinander zu übernehmen. Stefan Heißenberger leitet das Projekt seit viereinhalb Jahren. Der promovierte Politikwissenschaftler sieht in dem Projekt eine Chance, richtig streiten zu ­lernen. Darüber sprach er mit ­Katharina Körting.

10 Jahre „Demokratie gewinnt! In Brandenburg!“ – eine Erfolgsgeschichte?
Stefan Heißenberger: Evaluierungen zeigen, dass die Teil­nehmenden der Workshops und die Beratungsnehmer:innen zufrieden mit unserer Arbeit sind. Als großen Erfolg betrachte ich die langjährige Bindung der ausgebildeten Demokratieberater*innen an unser ­Projekt. Wir können die Impulse setzen. Es liegt dann in der Ver­antwortung von Einzelpersonen und Einrichtungen, wie sie Demokratie als Lebensform begreifen und umsetzen.

Wie kam es zu dem Projekt?
Die Diakonie Deutschland hat ­damals mehrere Landesverbände angesprochen, ob sie sich vorstellen könnten, einen Projektantrag beim Bundesprogramm Zusammenhalt durch Teilhabe zu stellen. Dieses war damals noch auf die neuen Bundesländer beschränkt und hat bis heute den Fokus auf den länd­lichen Raum. Einen Auslöser in Form eines konkreten Vorfalls gab es nicht. Aber die Verantwortlichen in unserem Landesverband haben richtigerweise erkannt, dass unsere Organisation und ihre Menschen Teil der Gesellschaft sind. Als ­solches sind wir keine Insel der ­Seligen, zum Beispiel völlig frei von Alltagsrassismus. Mit dem Projekt sollte verstärkt Verantwortung für ein demokratisches Miteinander übernommen und ein Bildungs- und Beratungs-Angebot für unsere Mitglieder geschaffen werden.

Was lernen die Teilnehmer?
Unser Angebot richtet sich am Leitgedanken „Haltung zeigen, ­Demokratiekultur fördern“ aus. ­Unsere Teilnehmenden aus Diakonie und Kirche wollen zu gesellschaftlich kontroversen Themen sprachfähig werden, Sicherheit im Umgang mit rechten Parolen er­langen und sich mit anderen austauschen. Sie reagieren aber nicht nur, sondern setzen sich auch aktiv für Werte wie Akzeptanz oder Vielfalt sein. Dazu initiieren sie zum Beispiel neue Gesprächsformate.

Stefan Heißenberger leitet das Projekt „Demokratie gewinnt! In Brandenburg“
Stefan Heißenberger leitet das Projekt „Demokratie gewinnt! In Brandenburg“Privatfoto

Wer kann alles mitmachen?
Eingeladen sind alle Haupt- und Ehrenamtlichen aus Diakonie und Kirche in Brandenburg und der schlesischen Oberlausitz.

Wie viel Zeit müssen die Teilnehmer*innen einplanen?
Die Qualifizierung „Demokratieberater:in“ dauert zehn Tage: Drei Präsenzmodule á drei Tage sowie zwei halbtägige Online-Workshops verteilt auf etwas mehr als ein Jahr. Man kann sich dafür freistellen lassen oder Bildungsurlaub nehmen.

Konkret: Haben Sie ein Beispiel für erfolgreiches Wirken von Demokratieberaterinnen?
Demokratieberater*innen werden auch für rechte Codes und ­Symbole sensibilisiert. Einer Schulsozialarbeiterin sind Sticker der ­extrem rechten Identitären Bewegung in ihrer Schule aufgefallen. Sie hat diese Entdeckung in das Kollegium getragen. Danach wurde mit den Schüler:innen darüber gesprochen, für was diese menschenfeindliche Gruppe steht.

Wie viele Demokratieberater*­innen gibt es mittlerweile?
57 sind fertig ausgebildet, 16 weitere folgen im Juni 2023. Zudem ­bieten wir in Zukunft verstärkt ­politische Bildung in leichter Sprache an. Im April starten wird die Qualifizierung „Demokratiebotschafter:in“ mit elf Teilnehmenden aus den Gronenfelder Werkstätten in Frankfurt (Oder).

Gesellschaftliche Debatten verhärten sich zunehmend. Oft werden Andersmeinende, etwa in Sachen Corona- Maßnahmen oder Ukrainekrieg, diffamiert. Wie laufen die Diskussionen bei Ihnen ab?
Bei den Demokratieberater:­innen gibt es einen Werte-Konsens. Das heißt aber nicht, dass alle zu ­jedem Thema einer Meinung sind. Manchmal erleben wir Debatten. Das entspricht ganz unserer Projektkonzeption und das fördere ich aktiv: Lernen andere Meinungen auszuhalten – streiten, aber richtig.

Ehren- und Hauptamtliche in diakonischen und kirchlichen Einrichtungen insbesondere aus Brandenburg können sich zu „Demokratieberater:innen“ fortbilden lassen.

Kontakt: 
Diakonisches Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz
Stefan Heißenberger
Telefon 030/82 09 72 54
E-Mail: heissenberger.s@dwbo.de

www.diakonie-kennenlernen.de/ projekt/demokratie-gewinnt-in-brandenburg/