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Aus dem Alltag einer jungen Bestatterin – alles andere als Routine

Särge tragen, Trauerreden halten, Hinterbliebene beraten, Verstorbene für die Beisetzung vorbereiten – das alles und noch viel mehr gehört zur Arbeit von Maja Kusch. Was die junge Bestatterin an ihrem Beruf so schätzt.

Einen Verstorbenen hatte Maja Kusch nur als kleines Kind einmal gesehen, ihren Opa. Dennoch war da nach ihrem Abitur “wie aus dem Nichts” der Wunsch, ein Praktikum bei einem Bestatter zu machen. Denn sie habe sich vor drei Jahren “überhaupt nicht im Studium gesehen”, sagt die Bonnerin. Zwar habe sie schon etwas Muffensausen gehabt, sich aber dann gesagt: “Probier’ es doch einfach mal aus”.

Gleich an ihrem ersten Praktikumstag durfte die damals 19-Jährige bei einer Einsargung in einem Seniorenheim dabei sein. “Die alte Dame lag da in ihrem Zimmer, mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht”, erinnert sich Kusch. “Einen besseren Start hätte ich nicht haben können.” Aus den geplanten zwei Praktikumswochen wurden schließlich fast zwei Monate – und Maja Kusch wollte Bestatterin werden.

Damit ist die junge Frau nicht alleine. Laut dem Bundesverband Bestatter sind die Ausbildungszahlen in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Fast 1.000 junge Leute in drei Jahrgängen lernen in diesem Jahr den Beruf. Ihr Kölner Praktikumsbetrieb bildet selbst nicht aus, verwies Maja Kusch aber auf das Bonner Familienunternehmen Hebenstreit & Kentrup. Auch dessen Instagram-Auftritt mit Fokus auf Nachhaltigkeit habe für sie gepasst. Im Juni hat sie dort ihre dreijährige Ausbildung abgeschlossen und ist nun als Bestattungsfachkraft Teil des jungen Teams.

“Es gibt keine Routine”, freut sich die 22-Jährige. An diesem Tag etwa bringt sie morgens die Todesbescheinigung und das Familienstammbuch eines Verstorbenen zum Standesamt und holt dort Sterbeurkunden ab. Im Anschluss hilft sie in einer Kirche, alles für eine Begräbnisfeier vorzubereiten: Sie trägt mit Kollegen den Sarg in den Altarraum, stellt Kerzen bereit. Bevor die ersten Trauernden kommen, macht sie für die Familie noch Fotos von dem blumengeschmückten Sarg vor dem Altar.

Zurück im Bestattungshaus warten Büroarbeiten auf die Bestatterin. So müssen Sterbeurkunden eingescannt und den Hinterbliebenen zugeschickt werden. Seit dem Ende ihrer Ausbildung führt Kusch dort auch Vorsorge- und Trauergespräche. Dabei bespricht sie mit Hinterbliebenen die anstehenden Formalitäten und den Ablauf einer Beerdigung, gibt Tipps für den Blumenschmuck oder den Trauerkaffee. Auch hilft sie beim Gestalten von Trauerkarten und Danksagungen. An anderen Tagen wäscht sie Verstorbene, kleidet sie für die Beisetzung ein und frisiert sie oder steht auf dem Friedhof Trauernden zur Seite.

“Es sind viele Jobs in dem Beruf”, erläutert Kusch. Diese Vielseitigkeit spreche viele junge Leute an. Sie selbst findet Erfüllung – auch in den Gesprächen mit den Angehörigen, die sich häufig in einer emotionalen Ausnahmesituation befinden. Ihr ist es ein Anliegen, den Hinterbliebenen “einen würdigen Abschied zu ermöglichen und ihn so schön wie möglich zu gestalten. Denn die Menschen werden sich an diesen Tag erinnern.”

In ihrer Ausbildung hat Kusch zudem gelernt, über ihren Schatten zu springen – etwa eine Trauerrede zu halten. Anfangs habe die junge Frau sich das nicht zugetraut, weil sie “viel zu schüchtern” sei. Aber dann sollte sie kurzfristig einspringen. “Da habe ich gemerkt – krass, ich kann das ja voll gut.” Inzwischen hält sie bereits Trauerreden und versucht, vorab bei Gesprächen mit Angehörigen viel über das Leben und die Vorlieben der verstorbenen Person herauszubekommen. “So ein Beratungsgespräch kann auch sehr witzig sein, das baue ich dann in meine Ansprache ein”, erklärt Kusch. “Etwas Schönes daraus zu zaubern – das macht mir am meisten Spaß.”

Klar, sie erlebe auch “Tage mit schlimmen Sterbefällen, etwa wenn ein junger Mensch stirbt, oder nach einem Unfall”. Auch spürt die zierliche Frau manchmal skeptische Blicke, wenn sie mit einer Kollegin ankommt, um einen Verstorbenen aus dem dritten Stock abzuholen. Und es ärgert die 22-Jährige, wenn sie aufgrund ihres Alters bei einem Trauergespräch “nicht ganz ernst genommen und für naiv gehalten” werde. Dennoch überwiege die Freude bei der Arbeit, “man geht abends mit einem guten Gefühl nach Hause”.

“Respekt, boah krass!” – Maja Kusch kann sich noch an die Reaktion mancher Freunde erinnern, als ihre Berufswahl feststand. Bereut hat sie den Schritt nicht. “Die Ausbildung hat mir echt gut getan”, resümiert sie, “ich habe mich in den drei Jahren krass entwickelt”. Nicht nur ihre Schüchternheit hat sie abgelegt, sondern auch gelernt, “in jungen Jahren Verantwortung zu tragen”. Einige ihrer Freunde studierten, “aber sie wissen nicht, was sie nach dem Studium machen wollen”. Für die Bestatterin aber tun sich bereits mögliche Perspektiven auf – etwa die Meisterschule, eine Spezialisierung als Trauerrednerin oder der Ausbilderschein. Und wenn sie noch studieren wollte, könnte sie auch wieder in ihren Beruf zurückkehren. Zunächst möchte sie aber als Gesellin weiter Praxiserfahrung sammeln.

Was sollte man dafür mitbringen? “Auf jeden Fall Empathie”, sagt Kusch. Schließlich seien die Angehörigen in einer emotional schwierigen Situation. Auch Flexibilität, Teamfähigkeit, Souveränität sowie ein guter Umgang mit Stress und Improvisationstalent sind aus ihrer Sicht wichtig – etwa wenn auf dem Friedhof ein Stuhl für einen betagten Trauergast fehlt. Außerdem sollte man “schon Kraft mitbringen”, um einen Sarg tragen zu können. Ebenfalls unerlässlich: ein Führerschein. Die junge Bestatterin fährt regelmäßig mit dem Bestattungswagen zu Einbettungen oder zum Friedhof. Neulich erst überführte sie einen Verstorbenen aus Freiburg.

Auch wenn sie bislang einige Hundert Beerdigungen begleitet hat und ihre Arbeit vom Tod umgeben ist – sie nehme diesen Gedanken nicht mit nach Hause, sagt Kusch. Zum Ausgleich geht sie am Wochenende gerne wandern. Und auch bei der Arbeit denkt sie nicht den ganzen Tag über die Vergänglichkeit nach. Angst vor dem Tod hat sie im Übrigen nicht: “Ich glaub’, da kommt noch irgendwas.”