Auf den Spuren des Goslarer Doms

Das Herz von Heinrich III. ruht in der Ulrichskapelle neben der Kaiserpfalz. Darauf spielt auch das Motto der 1100-Jahr-Feier der Stadt Goslar an.

Sonderausstellung im Goslarer Museum: der Goslarer Dom, 1817
Sonderausstellung im Goslarer Museum: der Goslarer Dom, 1817epd/Veit-Mario Thiede

Goslar. Wer hätte das gedacht? Das beschauliche Goslar ist eine Stadt der Superlativen. Ihre Kaiserpfalz ist Deutschlands größter und am besten erhaltener Profanbau des 11. Jahrhunderts. Vor dem historischen Rathaus steht der größte Bronzeguss der Romanik: die untere Schale des Marktbrunnens. Ihr Kupfer stammt von der ehemals größten Erzlagerstätte Europas: dem Rammelsberg. Das Bergwerk Rammelsberg, die Kaiserpfalz und die Innenstadt mit ihren fünf alten Kirchen und 1500 weiteren historischen Gebäuden sind Unesco-Weltkulturerbe.

„1100 Jahre Goslar – Mit Erfolg gebaut“

Nun feiert die 50 000-Einwohner-Stadt ihr stolzes Alter mit der Sonderausstellung „1100 Jahre Goslar – Mit Erfolg gebaut“. Sie wird in der Kaiserpfalz, dem Goslarer Museum und im Museum Besucherbergwerk Rammelsberg präsentiert. Tatsächlich aber erstreckt sie sich über die ganze Stadt. In ihr sind zahlreiche Bauwerke als Außenstationen der Sonderschau kenntlich gemacht.

Nachdem die Bergleute mehr als 3000 Jahre am Rammelsberg Kupfer, Blei und Zink, Silber und Gold gewonnen hatten, waren die Lager erschöpft. Die Stadt wandelte die 1988 geschlossenen Anlagen in ein Museum und ein Besucherbergwerk um. Die Rammelsberger Sonderschau stellt vier Wohnviertel vor, die enge Beziehungen zum Erzbergwerk aufweisen. Etwa das gen Rammelsberg ansteigende Frankenberger Viertel.

Über den Fachwerkhäusern, von denen viele von oben bis unten dekorativ mit Schiefer verkleidet sind, steht die einst in die Stadtbefestigung einbezogene Kirche der Berg- und Hüttenleute: St. Peter und Paul. Ein bemerkenswertes Detail in der evangelisch-lutherischen Kirche sind die an der Brüstung der „Bergmannsprieche“ genannten Empore angebrachten Relieffiguren (1689). Sie demonstrieren Harmonie über Konfessionsgrenzen hinweg: Luther und Melanchthon nehmen den katholischen Kaiser in die Mitte.

Von streitsüchtigen und ergebenen Päpsten

Die Freie Reichsstadt Goslar wandte sich schon früh der Reformation zu. Dabei entwickelte insbesondere die Gemeinde der Jakobikirche radikale Standpunkte. Daher schrieb Martin Luther ihr 1529 einen Brief, in dem er Mäßigung und Gewaltlosigkeit anmahnte. Luthers Freund Nikolaus v. Amsdorf verfasste 1531 im Auftrag des Goslarer Stadtrats eine evangelische Kirchenordnung. Goslar besitzt sogar das vermutlich älteste evangelisch-lutherische Amtsgebäude. Der 1535 errichtete zweigeschossige Anbau an die Marktkirche diente als Tagungsstätte für die kirchliche Verwaltung der Stadt.

Der in die Kaiserpfalz eingezogene Teil der Jubiläumsschau blickt zurück auf das 11. bis 13. Jahrhundert, in denen Könige und Kaiser Goslar durch ihre zahlreichen Aufenthalte zu einem Herrschaftszentrum des Reiches erhoben. Wie ein Chronist schildert Kurator Jan Habermann auf zahlreichen Textfahnen die konfliktreichen Ereignisse, in denen Gegenkönige und streitsüchtige oder ergebene Päpste auftreten.

Veit-Mario Thiede

In ihren ältesten Bauteilen geht die Kaiserpfalz auf Kaiser Heinrich III. (regierte 1039-1056) zurück. Letzte mittelalterliche Baumaßnahmen veranlasste Kaiser Friedrich I. Barbarossa (regierte 1152-1190). Sehenswert ist auch die an die Kaiserpfalz angrenzende zweigeschossige Ulrichskapelle. In der unteren Etage bedeckt eine figürliche Grabplatte das Herz Kaiser Heinrichs III. Darauf spielt das Motto der 1100-Jahr-Feiern an: „Wo Kaiser ihr Herz verlieren“.

Goslars Kirchen nahmen sich den Dom als architektonisches Vorbild

Während der Körper Heinrich III. im Speyerer Dom bestattet ist, war der ursprüngliche Aufbewahrungsort der Grabplatte und des Herzens die von ihm in Goslar gestiftete Kirche St. Simon und Judas. Der Stadtrat verkaufte das als „Goslarer Dom“ berühmte Gebäude 1819 wegen Baufälligkeit. Bis 1822 waren seine Steine zwecks Wiederverwendung abgetragen. Erhalten ist nur die zur Zeit Friedrich Barbarossas errichtete Vorhalle. Bis heute trauern die Goslarer ihrem so schmählich vernachlässigten Dom nach. Ihm ist der dritte Teil der Sonderschau gewidmet.

Das Goslarer Museum präsentiert historische Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafiken des untergegangenen Bauwerks. Im „Domraum“ der Schau sind Kunstwerke ausgestellt, die zu seiner Ausstattung gehörten. Unter ihnen ist der merkwürdigerweise nach einer heidnischen Gottheit benannte „Krodo-Altar“ (erste Hälte des 12. Jahrhunderts.) eine Berühmtheit. Seine Wände aus teilweise vergoldeter Bronze weisen Öffnungen auf, in die einst Schmuckscheiben eingesetzt waren. Der mit Kerzen von innen beleuchtete „Krodo-Altar“ muss den Dom um eindrucksvolle Lichterscheinungen bereichert haben.

Am architektonischen Vorbild des Doms orientieren sich alle anderen alten Kirchen Goslars. Ihr auffälligstes Merkmal ist der westliche Querriegel, dem zwei Türme aufgesetzt sind. Unbedingt ansehen sollte man sich die heute evangelische Neuwerkkirche. Das im 12. und 13. Jahrhundert erbaute ehemalige Gotteshaus eines Nonnenklosters hat sich sein ursprüngliches architektonisches Aussehen bewahrt.

Die dreiteilige Sonderschau läuft bis 20. November im Museum Besucherbergwerk Rammelsberg, in der Kaiserpfalz und im Goslarer Museum. Weitere Infos gibt es auf www.1100jahre.goslar.de.