Auf dem Zentralfriedhof von Havanna

Havannas Zentralfriedhof zählt zu den bemerkenswertesten Einrichtungen der kubanischen Hauptstadt. Hier sind Prominente wie Arme begraben.

Schon die schieren Dimensionen sind beeindruckend: Eine Million Bestattungen hat der Friedhof „Necropolis de Cristobal Colon“ in Havanna schon erlebt. Bald 60 Hektar groß ist das Gelände; täglich finden etwa 50 Beerdigungen statt. Der Zentralfriedhof Christoph Kolumbus in der kubanischen Hauptstadt gehört zu den bewegendsten Schauplätzen auf der Karibikinsel.

Box-Olympiasieger Teofilo Stevenson (1952-2012) ist hier begraben. Auch Fotograf Alberto Korda (1928-2001), der das legendäre Foto von Che Guevara schoss, oder Musiker Pio Leyva (1917-2006) vom „Buena Vista Social Club“. Der Friedhof im Viertel El Vedado in Havanna ist Sehenswürdigkeit und Wallfahrtsort geworden. Seit 1987 ist der Cementerio Cristobal Colon kubanisches Nationaldenkmal und steht damit unter Denkmalschutz.

Den Auftrag zum Bau eines ersten Zentralfriedhofs erteilte Bischof Juan Jose Duaz de Espada, der das Bistum Havanna von 1800 bis 1832 leitete. Grund war die schnell wachsende Einwohnerzahl der Stadt. Im Februar 1806 wurde der Friedhof fertiggestellt. Die Kapazität wurde anfangs auf 3.000 Bestattungen jährlich festgelegt; doch schon nach weniger als einem halben Jahrhundert war mit 314.244 Toten die Aufnahmefähigkeit erschöpft.

Per königlichem Erlass wurde am 28. Juli 1866 die Grundlage für die damals neue Nekropole, des „Cementerio de Colon“ festgelegt. Der junge in Havanna aufgewachsene spanische Architekt Calixto de Loira konnte sich in der Ausschreibung zur Gestaltung des Friedhofs durchsetzen. Sein Titel für den Entwurf: „Der bleiche Tod tritt in die Hütten der Armen und in die Paläste der Könige gleichermaßen“. Weil der Architekt früh starb, übernahm Eugenio Rayneri Sorrentino die Leitung des Projekts. Die Grundsteinlegung erfolgte am 30. Oktober 1817; gebaut wurde bis 1886. Den historischen Dokumenten zufolge wurde eine 55-jährige afrikanische Sklavin als erste Tote auf dem neuen Areal beerdigt.

Eines der herausragenden Bauwerke ist die Zentralkapelle „La Capilla Central“ von 1886. Historikern zufolge sollte sie ursprünglich einmal die sterblichen Überreste des Seefahrers Christoph Kolumbus (1451-1506) aufnehmen, der damals als Entdecker Amerikas galt. Das meistbesuchte Grabmal ist das von Amelia Goyri de la Hoz (1877-1901), einer Dame der gehobenen Gesellschaft, die heute als „La Milagrosa“ bekannt ist und im Volk zu einem Symbol der Hoffnung wurde. Sie gilt als Beschützerin der kranken Kinder sowie der unfruchtbaren und leidenden Mütter.

Amelia entstammte einer reichen Familie und starb am 3. Mai 1901 mit nur 23 Jahren an den Folgen einer Totgeburt. Der Legende nach wurde sie mit ihrem ungeborenen Kind zu ihren Füßen bestattet. Die beiden Leichname wurden bei der Sargöffnung am 3. Dezember 1914 ohne jegliche Zeichen der Verwesung aufgefunden. Das Kind befand sich der Legende nach nicht mehr zu ihren Füßen, sondern lag im linken Arm der Mutter.

Der Witwer Jose Vincente, so heißt es, besuchte das Grab bis zu seinem Tod 1941 täglich. Sein Besuch folgte stets dem gleichen Ritual: Er kündigte sich mit einem Klopfen am Grabstein an, legte dann frische Blumen auf das Grab und verließ es stets im Rückwärtsgang, ohne seiner Frau den Rücken zuzukehren. Dieses Ritual wird von den Pilgern bis heute fortgeführt.