Auf dem Weg zum Online-Sakrament

Ist das Internet das geeignete Medium für Abendmahlsfeiern? Was aus der Not entstand, führt in Niedersachsen jetzt zu Diskussionen.

So sieht ein Abendmahl während einer Pandemie aus
So sieht ein Abendmahl während einer Pandemie ausJens Schulze / epd

Hannover/Seevetal. „Es war ein bewegender Moment“, erinnert sich Dirk Jäger an seine erste Abendmahlsfeier per Zoom. „Es fühlte sich an wie in gemeinschaftlicher Runde“, so der Superintendent des Kirchenkreises Hittfeld. „Wir haben uns alle gesehen.“ Auch die Rückmeldungen der anderen 45 Teilnehmenden seien überwiegend sehr positiv gewesen, betont Jäger. „Es war eine wertvolle Erfahrung nach Monaten ohne Abendmahl.“

So wie in Seevetal haben Christen überall in Niedersachsen zeitweilig Abendmahl gefeiert – im Internet. Was wäre angesichts strenger Hygienevorschriften die Alternative, fragt Jäger. „Feiern mit Operationshandschuhen und Atemschutzmaske? Das hätte eine Albernheit gehabt, die dem Abendmahl nicht gerecht wird“, so der Superintendent.

„Das reicht mir nicht“

Zeitweise waren Gottesdienste in Präsenz wegen der Pandemie nicht möglich. Landesbischof Ralf Meister hatte deswegen zur Erprobung von digitalen Abendmahlsfeiern ermutigt. Es gehe dabei um die Frage, wie Christen das Sakrament angemessen feiern können, sagte Meister im März. Und doch mahnte er, dass es nicht um „irgendetwas Beliebiges“ gehe. „Dass man da sagt: Das machen wir jetzt einfach mal übers Netz, reicht mir nicht.“

Landesbischof Ralf Meister
Landesbischof Ralf MeisterKirche Hannovers

Spezielle liturgische Vorgaben für die digitale Feier des Abendmahles gab und gibt es vonseiten der Landeskirche Hannovers jedoch nicht. In sozialen Netzwerken und im Internet finden sich lediglich Anregungen, auch vom Michaeliskloster in Hildesheim. Seit März dieses Jahres gibt es nun ein Impulspapier der Landeskirche, das die Gemeinden nach ihren Erfahrungen mit digitalen Abendmahlsfeiern fragt.

Bis Mitte Juli läuft die Befragung der Gemeinden noch. „Die Reaktionen gehen in alle Richtungen“, sagt Ralph Charbonnier, der erst seit wenigen Monaten Theologischer Vizepräsident der Landeskirche Hannovers ist. „Manche sehen das ganz enthusiastisch, andere mit großer Skepsis.“ Er wünscht sich noch weitere Reaktionen. „Viele haben es jetzt ausprobiert und wissen, wovon sie sprechen. Das ist ein großer Gewinn für die Diskussion.“


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In den kommenden Monaten will die Landeskirche die Ergebnisse auswerten und Hinweise zu verantwortlichen Gestaltungselementen eines digitalen Abendmahls entwickeln. Dabei sollen sich Theologie und die vielerorts gesammelten Erfahrungen gegenseitig befruchten, betont der Theologische Vizepräsident. „Das Sakrament ist kein beliebiges gemeinschaftliches Essen und Trinken, sondern das Versprechen, dass Gott in diesem Vollzug gegenwärtig ist.“ Deswegen müsse die Feier verantwortlich gestaltet werden. „Und wir müssen die Kriterien dafür suchen.“

Was geht verloren?

Die Kritiker haben die Einschränkungen durch die Pandemie und den Digitalisierungsschub nur kurz verstummen lassen. Sie vermissen laut Charbonnier die „Leibhaftigkeit“, die Gemeinschaft im digitalen Raum. Sie fürchteten, dass die Kraft des Abendmahls verloren geht. „Das sind in dieser Einseitigkeit nicht meine Argumente“, betont Charbonnier. „Für manche Menschen geht das leibhaftige Gemeinschaftsgefühl verloren. Andere dagegen erleben Gemeinschaft mit Menschen auf der anderen Seite des Globus. Jeder macht seine eigenen Erfahrungen.“

Charbonnier ist gespannt auf die Ergebnisse: Denn auch das digitale Abendmahl soll mit „Liebe zum ­Sa­krament“ gestaltet werden.