Attentat in Solingen: Messer-Gewalt ohne weitere Verbote beenden
Die Betroffenheit ist groß nach der Messerattacke auf einem Stadtfest in Solingen. Drei Menschen wurden getötet, acht verletzt. Warum eine Verschärfung des Waffengesetzes nicht die Lösung ist.
Ich mag Messer. Als Taschenmesser im Alltag. Beim Campen als Fahrtenmesser. Und als Schnitzmesser beim Spaziergang im Wald. Aber ich hasse die Gewalt. Das muss man vorweg sagen, der Fairness halber. Wenn es jetzt wieder um eine Verschärfung des Waffengesetzes geht, mit dem Ziel, Messer weitgehend zu verbieten, dann ist eine Stellungnahme dazu natürlich auch stark davon abhängig.
Was ist passiert? Ein Mensch läuft offenbar Amok. Genaueres stand beim Schreiben dieser Zeilen nicht fest. Jedenfalls sterben bei einer Messerattacke auf dem Volksfest in Solingen drei Menschen, weitere sind verletzt, zum Teil sehr schwer. Das ist unfassbar traurig. Es ist entsetzlich. Opfer und Angehörigen gelten unsere Gebete und unser Mitgefühl. Betroffenheit macht sich breit. Ratlosigkeit. Auch Wut und Zorn.
Eine Verschärfung des Waffengesetzes wäre vermutlich sogar schädlich
Und wieder, wie bereits bei den viel zu vielen vorangegangenen Gewalttaten mit einem Messer, rufen Etliche nach einer Verschärfung der Waffengesetze. Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser, die in Zukunft nur noch Messer mit einer Klingenlänge unter sechs Zentimeter erlauben will.
Als erster Impuls ist das absolut verständlich. Aber Gesetze sollten nicht aufgrund von Gefühls-Aufwallungen erlassen werden. Bei genauerem Hinsehen sieht die Sache nämlich schon ganz anders aus: Eine Verschärfung des Waffengesetzes wäre nicht nur sinnlos. Sie wäre vermutlich sogar schädlich.
Messer-Verbot? Der Polizei fehlt das Personal
Denn das Problem ist: Schon jetzt hat Deutschland sehr strikte Verordnungen und Gesetze, was den Besitz und das Mitführen von Waffen angeht; auch bei Messern. Diese Gesetze würden nach Einschätzung von Polizei und Justiz völlig ausreichen – wenn man sie denn durchsetzen könnte. Aber: Sie können nicht durchgesetzt werden. Der Polizei fehlt das Personal. Der Justiz ebenso. Hier liegt die Herausforderung. Nicht in einer weiteren Verschärfung von Verordnungen, die dann auch nicht durchgesetzt werden können.
Der brutale Anschlag auf das Stadtfest in Solingen erschüttert uns zutiefst. Wir trauern um die Menschen, die auf furchtbare Weise aus dem Leben gerissen wurden. Meine Gedanken sind bei den Familien der Getöteten und bei den Schwerverletzten. (1/2)
— Nancy Faeser (@NancyFaeser) August 24, 2024
Selbst, wenn man Messer komplett verbieten würde – auch dieses Verbot müsste überprüft und Verstöße dagegen geahndet werden. Illusorisch, sagen Fachleute. Egal, wie sehr man das Waffengesetz verschärft, es würde nichts ändern.
Ordnungsbehörden und Justiz besser ausstatten
Und deshalb ist der Ruf nach strengeren Gesetzen nicht nur sinnlos, sondern sogar schädlich. Denn er lenkt ab von dem, was eigentlich getan werden müsste. Ordnungsbehörden und Justiz besser ausstatten. Bestehende Gesetze konsequent anwenden.
Der Ruf nach strengeren Gesetzen lenkt aber noch von etwas anderem ab, und das ist vielleicht noch wichtiger: Wenn man WIRKLICH etwas tun will gegen die Gewalt, müsste man bei den Ursachen ansetzen. Männlich. Jung. Sozial schwach. Benachteiligt. Die Statistik sagt uns sehr genau, von wem überproportional häufig Gewalt mit Messern ausgeht. Wer also auf Dauer etwas ändern will, müsste hier ansetzen. Bei Erziehung. Förderung. Ausbildung. Chancengleichheit.
Nicht ständig vom eigentlichen Problem ablenken
Polizei und Justiz stärken, soziales Umfeld fördern: Das kostet Geld. Viel Geld. Aber solange wir nicht bereit sind, dieses Geld in eine sicherere Zukunft zu investieren, wird sich nichts, absolut nichts zum Besseren ändern.
Dann mag man auch per Gesetz die Messer immer weiter schrumpfen, irgendwann vielleicht sogar ganz verschwinden lassen: Wem die Klingen als Werkzeug und Liebhaberei ohnehin nichts bedeuten, dem wird das vielleicht egal sein. Nur: Gewalt, Tote und Verletzte vermeiden – wer das erreichen will, muss anders handeln. Und nicht ständig vom eigentlichen Problem ablenken.