ASB-Landesvorsitzender: „Wir müssen weiterer Einsamkeit vorbeugen“

Der Hamburger Landesvorsitzende des Arbeiter-Samariter-Bunds (ASB), Marcus Weinberg, prognostiziert eine weitere Abnahme familiärer und sozialer Bindungen in der Gesellschaft und damit die Gefahr weiter steigender Einsamkeit. Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) fordert er jeden Einzelnen auf, etwas gegen Einsamkeit zu tun – auch und gerade zu Weihnachten. „Es sollte jeder ein wenig auf seinen Nachbarn schauen, ein wenig zuhören, wie es den Menschen geht und aufmerksam sein, wenn Menschen sich immer mehr zurückziehen und weniger in der Öffentlichkeit zu sehen sind“, rät er. Jeder müsse überlegen, wie er oder sie gerade zum Fest durch ein nettes Gespräch oder einen gemeinsamen Austausch Menschen helfen kann, ihre Einsamkeit zu überwinden.

Weinberg nennt Einsamkeit „eine der größten gesellschaftspolitischen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft“. In Hamburg seien insbesondere über 80-Jährige betroffen, Einsamkeit betreffe dort aber auch jüngere Altersgruppen, so die 35-bis 45-Jährigen, die beruflich häufig sehr mobil seien und deshalb kaum soziale Beziehungen aufbauen könnten.

Dass Einsamkeit in Hamburg und anderen großen Städten zugenommen hat, führt Weinberg auf Veränderungen im Beziehungsbereich zurück: „Traditionelle Familienmuster sind ebenso in Teilen verloren gegangen wie die Sozialisation am ‚festen‘ Arbeitsplatz.“ Gemeinschaften bei der Arbeit existierten heute nicht mehr so wie vor 50 Jahren.

Doch nicht nur im städtischen Bereich, auch auf dem Land sei die Einsamkeit angestiegen. Das gelte insbesondere dort, wo es keine sozialen Treffpunkte wie Einkaufsladen, Apotheke oder Arztpraxis mehr gibt, sagt Weinberg.

Der ASB-Landesvorsitzende appelliert, die Bekämpfung von Einsamkeit als gesamtgesellschaftliches Thema zu verstehen. Es dürften sich nicht nur Verbände, Institutionen, Träger oder staatliche Einrichtungen des Themas annehmen. „Jeder Einzelne sollte mit offenen Augen sein Umfeld wahrnehmen und so auf einsame Menschen aufmerksam werden.“ Es sei wichtig, einsamen Menschen zu helfen, da sie allein meist nicht aus der Einsamkeit herausfinden würden. „Leider verlieren Menschen nach einer geraumen Zeit der Einsamkeit die Fähigkeit, sich in einer sozialen Gruppe zu sozialisieren sowie ein erwartetes Maß an Kommunikation zu entwickeln“, nennt Weinberg einen Grund dafür.

Laut Weinberg führt Einsamkeit nicht nur zu massiven gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Einsame Menschen verabschiedeten sich auch aus dem demokratischen Diskurs. „Sehr viele Hasskommentare und aggressive, teilweise radikalisierende Ablehnungen gegenüber Institutionen, Parteien, Verbänden oder auch gesellschaftlichen Gruppen resultieren aus einer zunehmenden Einsamkeit.“

Der ASB Hamburg bietet speziell für einsame und bedürftige Seniorinnen und Senioren in diesem Jahr erstmalig den „Hamburger Weihnachtszauber“ an – zusammen mit der Hildegard und Horst Röder-Stiftung. 250 bereits angemeldete Seniorinnen und Senioren sollen am 21. Dezember einen festlichen Nachmittag mit Drei-Gänge-Menü und geselligem Rahmenprogramm verbringen.