Artenschutz: 1.000 Mini-Unken gegen das Aussterben

Es ist bundesweit eine einzigartige Erfolgsgeschichte: Durch das Aussetzen kleiner Unken und das Anlegen neuer Feuchtgebiete hüpfen wieder mehr Rotbauchunken durch Schleswig-Holstein.

Der Bestand von Rotbauchunken hat sich in Schleswig-Holstein erholt
Der Bestand von Rotbauchunken hat sich in Schleswig-Holstein erholtImago / Imagebroker

Sie sind glitschig, gerade mal acht Wochen alt, einen Zentimeter groß und schon reif für die freie Wildbahn: rund 1.000 junge Rotbauchunken (Bombina bombina) werden von der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein an mehreren aufbereiteten Feuchtgebieten ausgesetzt. „Rotbauchunken sind eine stark gefährdete Amphibien-Art“, erklärt Hauke Drews (59), Projektmanager bei der Landesstiftung. Zuvor wurde Laich eingesammelt und künstlich aufgezogen, um natürliche Verluste der Kaulquappen zu vermeiden.

„In der Natur überstehen nur rund zehn Prozent der Unken das Laichstadium, bei der künstlichen Aufzucht sind es über 90 Prozent“, sagt der Biologe. In Deutschland kommen die bis zu sechs Zentimeter großen Amphibien mit dem knallroten Bauch nur noch im Norden und Nordosten vor. Vor rund 20 Jahren startete Drews das schleswig-holsteinische Rettungsprojekt auf der Ostseeinsel Fehmarn, wo früher jede Menge dieser Tiere lebten.

Fehmarn – Wohlfühlort für Rotbauchunken

„Fehmarn war Rotbauchunken-Wohlfühlort, weil es auf der Insel ein sehr dichtes Netz von Kleingewässern gab“, sagt Drews. Doch um die Jahrtausendwende fand er nur noch drei Teiche mit Rotbauchunken auf der gesamten Insel. Wie überall im Land hatte die Umwandlung von Weidegrünland in Acker zum Verschwinden der Art geführt. Teiche, die im Frühjahr zur Fortpflanzung und als Laichgewässer dienten, liefen voll Düngerstoffe und wuchsen zu. „Da überlebten nur noch die anspruchslosen Arten wie Grünfrösche, Erdkröte oder Teichmolche“, weiß der Biologe. Doch Rotbauchunken lieben flache, saubere und sonnige Gewässer ohne Fische in Weideflächen.

Woher die Rotbauchunke ihren Namen hat, lässt sich hier sehr schön erkennen
Woher die Rotbauchunke ihren Namen hat, lässt sich hier sehr schön erkennenImago / Blickwinkel

Um den Bestand zu retten, war Populationsmanagement gefragt. 2003 wurde der erste Laich eingesammelt, eine dänischen Amphibien-Aufzuchtstation zog die Kaulquappen und Jung-Unken auf, die dann in vorhandene oder neu angelegte Teiche der Naturschutzstiftung ausgesetzt wurden. „Es war das erste Amphibien-Rettungsprojekt dieser Art in Deutschland“, erinnert sich Drews.

Zehn Jahre später waren auf Fehmarn wieder die melancholischen „Uuuh-uuuh-uuuh“-Rufe der Rotbauchunken aus den Naturschutzflächen bis in die Dörfer zu hören. „Sie wird ja auch die Nachtigall von Fehmarn genannt“, sagt Drews, der seine Rettungsmaßnahmen auch in anderen ehemaligen Verbreitungsgebieten umsetzte. So hat die Stiftung in den vergangenen 20 Jahren über 600 Kleingewässer in Weidegebieten im Stiftungsland für die seltenen Unken in Schleswig-Holstein angelegt.

Rotbauchunken jetzt “stark gefährdet”

Dass die Naturschützer den kleinen Froschlurchen damit erfolgreich auf die Sprünge geholfen haben, zeigt auch die überarbeitete Rote Liste der Amphibien Schleswig-Holsteins: Rotbauchunken haben sich vom Status „vom Aussterben bedroht“ auf „stark gefährdet“ verbessert. „Das ist bundesweit einzigartig“, freut sich Drews.

Im Bericht „Amphibien in Schleswig-Holstein“ (2019-2024) bestätigt Experte Florian Bibelriether den vorsichtigen Aufwärtstrend der Rotbauchunken auf Naturschutzflächen als „deutlich erkennbar“. Doch in der normalen Agrarlandschaft sei die Situation für die Tiere „weiterhin so ungünstig“ wie in allen anderen Bundesländern, darunter Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen.

In Schleswig-Holstein indes haben die Unken begonnen, sich wieder aus den Naturschutzflächen in die umgebende Landschaft auszubreiten. In diesem Jahr tauchten die Unken in zahlreichen Gebieten der Kreise Ostholstein und Plön nach 30-jähriger Abwesenheit wieder auf. Zunehmend werden auch neu gestaltete Naturschutzflächen von Unken über mehre Kilometer Distanz wieder von allein besiedelt. Doch auch in Schleswig-Holstein sei der Weg zu robusten Populationen im gesamten ehemaligen Verbreitungsgebiet noch weit. „Wir müssen weitermachen“, sagt Drews. 1.000 Mini-Unken sind schon mal los gehüpft.