Arte-Dokumentation über ein einzigartiges Ökosystem

Unter dem Arktis-Eis befindet sich ein ganz besonderes Ökosystem. Mit ihm befasst sich eine Arte-Dokumentation – mit einem alarmierenden, aber nicht hoffnungslosem Ergebnis.

Wohl jeder kennt den Ausdruck von der “Spitze des Eisbergs”, unter der sich noch ein viel größerer Teil im Wasser verbirgt. Nicht anders verhält es sich mit dem Polareis. Darunter hat sich ein spezielles Ökosystem entwickelt, wie die vom ZDF produzierte Dokumentation “Grünes Eis – Das Wunder der Arktis” zeigt. Der co-produzierende Kulturkanal Arte strahlt sie am 9. November um 21.45 Uhr aus.

Das 53-minütige TV-Abenteuer beginnt auf Cooper-Island: Auf der unbewohnten Insel – kaum mehr als eine schmale Sandbank vor der Atlantik-Küste Alaskas – trifft Dokumentarfilmer Kevin McMahon den Amerikaner George Divoky. Der freie Wissenschaftler hat dort seit 1972 fast 50 Sommer verbracht und ausgiebig das Leben der Trottellummen studiert.

Die schwarz-weißen Seevögel verbringen den Winter auf dem arktischen Meereseis und kommen im Sommer zum Brüten nach Cooper Island. Der Ornithologe beobachtet, dass Eisbären durch den Klimawandel weniger Futter finden und deshalb nun vermehrt landnah die Küken der Seevögel fressen – die wiederum klimabedingt immer früher und in Höhlen am Boden brüten.

Seit vier Jahrzehnten dreht McMahon als Autor, Regisseur und Produzent Dokumentarfilme über die Beziehung des Menschen zu seiner Umwelt. Vor einem Jahrzehnt hat der preisgekrönte Filmemacher bereits eine große Serie mit dem Titel “Das Polarmeer” produziert. Aber erst durch die Arbeit an dem Film “Grünes Eis” habe er “den biologischen Aspekt des Problems wirklich tiefgreifend verstanden”, erklärt McMahon der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): “Nicht der Verlust des Eises an sich ist problematisch, sondern der Verlust der Algen, die darunter wachsen.”

McMahon begleitet auch Wissenschaftsteams vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven auf dem Forschungsschiff “Polarstern” bei dessen siebter Nordpol-Reise. Kapitän Stefan Schwarze berichtet von seinen Erfahrungen mit dem schwindenden Packeis, und hochkarätige Forschende wie Meeresbiologin Antje Boetius erläutern ihre Versuche, tiefe Zusammenhänge zu verstehen.

“Grünes Eis” steht dabei an zentraler Stelle, eine Art mikroskopisch kleiner Wald auf der Unterseite des Polareises. Dieser grüne Teppich aus Kieselalgen setzt eine ganze Nahrungskette in Gang, von der unter anderem der für das arktische Ökosystem so wichtige Polardorsch profitiert. Doch das Abschmelzen der Eisdecke zeigt bereits weitreichende Folgen. Laut den Fachleuten geht es um weit mehr als um den physischen Verlust des Eises – “den Verlust eines gesamten Ökosystems und die Zerstörung der nördlichen Nahrungskette”, sagt McMahon.

Die Dokumentation liefert nicht nur beeindruckende Aufnahmen mit Seltenheitswert. Der Film begleitet streckenweise hautnah Forschende wie Meeresphysiker Thomas Krumpen und Meeresbiologe Hauke Flores (beide vom Alfred-Wegener-Institut), demonstriert einen deutlichen Rückgang der Eisdicke und wie diese Veränderungen im Polareis gemessen werden.

Zugleich dokumentiert die Forschung das Anpassungsverhalten unterschiedlicher Tiere und zieht daraus Rückschlüsse auf die natürlichen Nahrungsketten. Eines der letzten Worte im Film ist “Hoffnung”: Der Ornithologe Divoky ist in Bezug auf “seine” Trottellummen zuversichtlich. Diese fänden wieder mehr Nahrung, weil die Polardorsch-Bestände langsam wieder anstiegen.

Meeresbiologin Boetius wird nicht müde, ihre Erkenntnisse über die Einzigartigkeit des arktischen Lebensraums zu teilen. Sie möchte Bilder “von diesem fantastischen, wundervollen Leben” in den Köpfen verankern. Und mit ihrem Wissen dazu beitragen, ein größeres Bewusstsein für die Schutzwürdigkeit der Arktis zu schaffen.

Auch Filmemacher McMahon ist es ein Anliegen, zu zeigen, warum der Verlust des arktischen Eises folgenschwer wäre. Dieser zeige, “dass der Schaden, den der Klimawandel anrichtet, irreversibel ist”. Eine Hoffnung, nicht alle einzigartigen Großlebensräume der Erde wie die Arktis zu zerstören, bestehe darin, schnell zu handeln und die Verbrennung fossiler Brennstoffe einzustellen. Im Anschluss vertieft Arte das Thema mit der Erstsendung der Südpol-Dokumentation “Antarktis – Dem Wandel auf der Spur”.