Armut ist der Regensburger Politikwissenschaftlerin Ina Schildbach zufolge nicht nur ein materielles Problem. Menschen, die in Armut leben, steckten häufig in einer Art Teufelskreis aus Scham, Rückzug und Vereinsamung „mit handfesten Folgen für die Nicht-Inanspruchnahme ihrer sozialen Rechte und einer geringeren politischen Partizipation“, sagte Schildbach dem Evangelischen Pressedienst (epd). Ihre Analyse ist das Ergebnis eines neuen Armutsberichts, der von der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Regensburg erarbeitet wurde und im Mai vorgestellt werden soll. Bei der empirischen Untersuchung wurden sowohl in Armut Lebende als auch Expertinnen aus Unterstützerkreisen auf kommunaler Ebene befragt.
Die Untersuchung habe ergeben, dass sich die sozialen Abhängigkeiten unmittelbar auf das Selbstkonzept und die Selbstwirksamkeit der Armutsbetroffenen auswirkten. Menschen, die sich schämten, hätten ein geringes Selbstwertgefühl, zögen sich aus der Gesellschaft zurück und resignierten im schlimmsten Fall, sagt Schildbach. Solange die Gesellschaft hier eine strikte Trennung von sozialen und psychologischen Phänomenen vornehme und das Problem nicht als strukturelles erkannt werde, würden die Möglichkeiten zur Überwindung von Armut nicht ausgeschöpft, erläutert die Politikwissenschaftlerin.
Das habe Folgen für die Gesellschaft als Ganzes. So würden sich Armutsbetroffene großenteils nicht mehr als Bürger eines Gemeinwesens und einer Demokratie begreifen. Sie gingen seltener wählen, und wenn sie es durch Alternativangebote doch täten, „dann eindeutiger rechtspopulistisch“, stellt Schildbach fest. In den Gesprächen mit Betroffenen habe sich zudem eine „äußerst ausgeprägte Identifikation mit der eigenen nationalen Identität gepaart mit einer Abwertung anderer Staatsangehöriger“ gezeigt. (1266/13.04.2025)