Archäologen untersuchen Überreste von Mainzer Römer-Vorstadt

Umfangreiche Funde auf einer Großbaustelle für das geplante Mainzer Krebsforschungszentrum ermöglichen neue Erkenntnisse über die ehemalige zivile Vorstadt des römischen Legionslagers Mogontiacum, des heutigen Mainz. In den zurückliegenden Monaten seien Überreste von Gebäuden aus den ersten fünf nachchristlichen Jahrhunderten freigelegt sowie Hunderte von Kisten mit Münzen, Glasscherben, Ziegelstempeln und anderen Fundstücken gesichert worden, sagte der Archäologe UIlrich Himmelmann am Montag in Mainz. Zwei herausragende Funde, der Torso einer fein gearbeiteten Sandsteinstatue und eine mysteriöse Grabinschriftenstele, wurden erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.

Für das Forschungsinstitut Translationale Onkologie (TRON), das von den Biontech-Gründern Ugur Sahin, Özlem Türeci und Christoph Huber ins Leben gerufen wurde, entsteht in Nachbarschaft zur Mainzer Universitätsmedizin ein neues zentrales Gebäude. Am selben Ort befand sich zur Römerzeit eine sogenannte Canabae, eine zivile, an das Militärlager Mogontiacum angrenzende Siedlung. Dort hätten sich Lagerhäuser, Handwerkerwerkstätten und andere Einrichtungen befunden, die für das Funktionieren des Militärlagers mit zeitweise rund 12.000 Soldaten notwendig gewesen seien, berichtete Himmelmann.

Im Zuge der Grabungen habe sich herausgestellt, dass das Viertel einst sehr eng bebaut gewesen sei, und mit dem Material älterer Bauwerke immer wieder neue Häuser gebaut wurden. Neben Überresten eines antiken Getreidespeichers seien auch die Fragmente eines Gebäudes mit Fußbodenheizung freigelegt worden. Die steinerne Stele habe sich direkt gegenüber eines vermeintlichen Kellerraumes befunden, der sich bei weiteren Grabungen als Gruft herausstellte. Es handele sich um einen außergewöhnlichen Fund, da Bestattungsplätze in der Römerzeit von wenigen Ausnahmen abgesehen stets außerhalb der städtischen Bebauung angelegt worden seien. Bei der Sandsteinstatue handelt es sich offenbar um die Darstellung eines persönlichen Schutzgeistes. Die genaue Anzahl der Gebäude könne er noch nicht beziffern, sagte Himmelmann.

Die in Mainz gemachten Funde „geben uns ein Gefühl dafür, dass das eine sehr fortschrittliche Siedlung war“, sagte der für das kulturelle Erbe von Rheinland-Pfalz zuständige Landesinnenminister Michael Ebling (SPD). Er äußerte sich fasziniert darüber, wie es gelinge, dass Archäologie und moderne Biotechnologie auf dem Areal eine „zeitliche Brücke schlagen“. Durch die Grabungen seien die Bauarbeiten aktuell rund zwei Monate im Verzug. TRON Gmbh und Landesregierung hoffen, dass der zeitliche Rückstand wieder aufgeholt werden kann. Die Grabungen auf dem Gelände sollen voraussichtlich bis Jahresende abgeschlossen sein.