Arbeitnehmerkammer Bremen: Kündigungen nehmen zu

Die Arbeitnehmerkammer Bremen muss nach eigenen Angaben immer häufiger bei Kündigungen durch den Arbeitgeber beraten. Im vergangenen Jahr sei die Zahl der Beratungen um 15 Prozent auf 4.383 durch arbeitgeberseitige Kündigungen gestiegen, sagte der Hauptgeschäftsführer der Kammer, Peer Rosenthal, am Freitag in Bremen: „Unter Corona und auch in den vergangenen Monaten haben sich viele Arbeitgeber noch zurückgehalten und abgewartet. Das scheint nun vorbei, Kündigungen nehmen wieder zu.“

Insgesamt habe die Kammer 2023 an allen drei Standorten zusammen 86.400 Beratungsgespräche geführt, hieß es. Neben Kündigungen zählten Insolvenzen und Fragen zum Gehalt zu den wichtigsten Themen. Dabei sei es häufig um verspätete Lohnzahlungen, nicht bezahlte Überstunden oder anders vereinbartes und somit falsch gezahltes Gehalt gegangen. „Insbesondere in Betrieben ohne geltende Tarifverträge und ohne Betriebsräte gibt es vielfach Unsicherheit und somit oft Streit um die Vergütung. Häufig trifft es ohnehin prekär Beschäftigte mit schwierigen Arbeitsbedingungen“, sagte der Rechtsberater der Arbeitnehmerkammer, Stephan Giese.

Probleme bereiteten zudem oft die Arbeitszeit und Überstunden. Oft sei die zu erledigende Arbeit nicht in der vorgegebenen Zeit zu schaffen, zugleich wolle der Arbeitgeber die anfallenden Überstunden nicht ausgleichen, hieß es. Dies sei besonders häufig in der Pflege der Fall.

Obwohl der Europäische Gerichtshof bereits 2019 eine Arbeitszeiterfassung durch den Arbeitgeber vorgeschrieben habe, werde die oft nicht umgesetzt, betonte Giese. Arbeitgeber argumentierten, dies schütze die Beschäftigten, da sonst jeder Toilettengang oder jedes Kaffeeholen erfasst und von der Arbeitszeit abgezogen werden müsse. Doch die Erfahrung zeige: „Nicht die fünf Minuten Kaffeetrinken sind das Problem, sondern die vielen Überstunden und das Missachten von Pausen- und Ruhezeiten.“

Vergleichsweise viele Menschen hätten eine Beratung zu Berufskrankheiten in Anspruch genommen. Mit 302 Fällen sei ein neuer Höchststand erreicht worden. Bandscheibenvorfälle und Kniearthrosen und Covid-19 – etwa in Pflegeberufen – kämen besonders oft vor, wobei die Zahl der Covid-Beratungen abnehme.

Wer beweisen wolle, infolge einer Corana-Infektion am Arbeitsplatz dauerhaft arbeitsunfähig zu sein, müsse die Infektion durch einen PCR-Test oder einen von Fachpersonal vorgenommenen Schnelltest belegen können. „Wir raten allen, die sich im beruflichen Zusammenhang mit Corona infizieren, sich dies entsprechend nachweisen zu lassen. Das Geld ist gut investiert“, betonte Giese.