In der Schule reicht es nicht, der Jugend in Geschichte vom Holocaust zu erzählen, sagt Barbara Distel. Ein Bezug zur Gegenwart muss her, so die frühere Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau.
Die einstige Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau, Barbara Distel, sieht nicht nur die Gedenkstätten, sondern die gesamte demokratische Gesellschaft gefährdet. “Und zwar massiv”, sagte die 88-Jährige der “Süddeutschen Zeitung” (Donnerstag). Die Leugnung historischer Fakten nehme immer weiter zu. Dagegen sollten alle Gedenkstätten zu einer gemeinsamen hörbaren Stimme des öffentlichen Protests werden.
Distel äußerte ihre Bewunderung für Jens-Christian Wagner, den Leiter der KZ-Gedenkstätte Buchenwald. Dieser sei in Thüringen den stärksten Anfeindungen ausgesetzt und kämpfe dort mit allen verfügbaren Mitteln für die Erinnerungsarbeit.
Distel, eine gelernte Bibliothekarin, war von 1975 bis 2008 Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau und baute diese zu einem Lern- und Erinnerungsort aus. Eine Zeit lang habe es gut funktioniert, das Wissen über den Holocaust in die Gesellschaft hineinzutragen, sagte sie. Mitte der 1990er-Jahre sei auch sie der Ansicht gewesen, dass dieses Wissen gesichert sei, ebenso die Einsicht, dass dieses weitergegeben werden müsse. “Für mich ist dieses Gefühl aber heute wieder völlig verschwunden.”
Nach den Worten von Distel genügt es nicht, den jungen Leuten in der Schule nur die Geschichten von vor 90 Jahren zu erzählen. Es müsse ein Bezug zur Gegenwart hergestellt werden. So sei zu fragen: “Was passiert heute? Was bedeutet die Geschichte für uns jetzt?”