Antisemitismusbeauftragter Pickel setzt auf differenzierten Dialog

Der Leipziger Religionssoziologie Gert Pickel setzt im Kampf gegen Antisemitismus an der Universität Leipzig auf Gespräche mit verschiedenen studentischen Gruppen. Der differenzierte und persönliche Austausch sei enorm wichtig, sagte Pickel dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Wenn nicht an einer Universität, wo denn sonst, sollte ein Dialog und eine differenzierte Argumentation der Positionen möglich sein.“ Diskussionsformate spielten eine wichtige Rolle.

Pickel ist seit wenigen Tagen erster Antisemitismusbeauftragter der Universität Leipzig. Er sei vor allem ein Ansprechpartner für jüdische Studierende und Mitarbeitende, sagte der Soziologe. Die Unterstützung beim Schutz von jüdischen Mitgliedern der Universität habe absolute Priorität.

Als Beauftragter könne er zwar nicht direkt eingreifen wie etwa die Universitätsleitung. Er stehe aber mit dem Rektorat der Uni im engen Austausch. Das neue Amt ist eine Reaktion auf antisemitische Vorfälle an der Leipziger Hochschule in den vergangenen Wochen.

Jüdische Studierende fühlen sich nach eigenen Angaben an der Universität nicht mehr sicher. Dies sei „in der Tat nicht akzeptabel“, sagte Pickel. Zum einen widerspreche das dem Grundgesetz und Menschenrechtskonventionen, die allen Mitgliedern von Religionsgemeinschaften Schutz und eine freie Religionsausübung zusichern. „Zum anderen müssen wir in Deutschland aufgrund unserer Geschichte besonders sensibel auf antisemitische Vorfälle reagieren“, sagte er.

Die Folgen des Angriffs der Hamas auf Israel im Oktober 2023 habe „bereits bestehende Konfliktlinien mobilisiert“. Problematisch sei, „wenn vollkommen berechtigte Solidaritätsbekundungen mit der palästinensischen Bevölkerung in Israel-bezogenen Antisemitismus umschlagen“, sagte Pickel.

Zum überraschenden jüngsten Auftritt der Klimaaktivistin Greta Thunberg bei einer Pro-Palästina-Demonstration am Mittwoch in Leipzig sagte der Soziologe: „Der Besuch von Greta Thunberg wertet sicher die Demonstrationen des ‚Handala-Bündnisses‘ auf.“ Zudem sei „problematisch“, dass sie den Begriff des Genozids verwendet habe.

Das unterstelle Israel einen gezielten und geplanten Völkermord. Selbst bei begründeten Argumenten gegen Maßnahmen des israelischen Militärs, sei dieser Vorwurf nicht gerechtfertigt, sagte Pickel. Insgesamt bleibe der Auftritt Thunbergs „etwas rätselhaft, aber das sollte jedem Menschen auch mal zugestanden sein“. Das Leipziger „Handala-Bündnis“ spricht dem Staat Israel das Existenzrecht ab.