Die Recherchen der Evangelischen Zeitung zur Deutschen Welle und die Kritik von Mitarbeitern an der offenbar einseitigen Berichterstattung über den Krieg im Nahen Osten beschäftigen jetzt auch den Staatsminister für Kultur und Medien. Wolfram Weimer, seit Mai in diesem Amt, habe „dort umgehend um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen gebeten“, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. „Hinweise auf Verstöße gegen eine ausgewogene Berichterstattung und journalistische Standards sind von den DW-Gremien sorgfältig zu prüfen.“
Die Evangelische Zeitung hatte exklusiv berichtet über die wachsende Kritik von Mitarbeitern, darunter auch Führungskräfte, am deutschen Auslandssender. Sie werfen ihrem Arbeitgeber vor, bei der Berichterstattung über den Krieg im Nahen Osten kontinuierlich gegen die journalistischen Standards der Pluralität und Neutralität zu verstoßen und Israel zu dämonisieren. Kritische Berichte über die Hamas und die libanesische Hisbollah bei Deutsche Welle TV und deren Online-Portal sowie in den sozialen Netzwerken-Auftritten des Senders seien „sehr selten bzw. fast gar nicht vorhanden“, heißt es. Stattdessen werde Israel oft als Hauptaggressor dargestellt. Es komme zur Täter-Opfer-Umkehr. Gegen die „Flut antisemitischer Nutzerkommentare“ in den Auftritten der Deutschen Welle in sozialen Medien werde kaum etwas unternommen.
Antisemitische Beiträge in sozialen Medien: Staatsminister Weimer will Klarheit von Deutscher Welle
Eine Sprecherin der Deutschen Welle hatte zu den Vorwürfen gesagt: „Soweit ein Vorwurf im Raum stehen soll, die DW würde Israel ‚dämonisieren‘, weisen wir diesen entschieden zurück, ebenso wie den Vorwurf der Einseitigkeit. Die DW berichtet faktenbasiert, umfassend und ausgewogen über die Ereignisse in Israel und den Palästinensischen Gebieten sowie den weiteren Nahostkonflikt.“

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer erwartet nunmehr eine Reaktion der Verantwortlichen des Senders, der nicht aus Rundfunkgebühren, sondern aus dem Etat der Bundesregierung finanziert wird. „Für Kultur- und Medienstaatsminister Weimer hat der Kampf gegen jede Form von Antisemitismus oberste Priorität. Dies hat er zu Beginn seiner Amtszeit sehr deutlich gemacht und fordert dies auch konsequent von öffentlich finanzierten Einrichtungen ein“, sagte eine Sprecherin des Staatsministers. Hinweise auf mögliche Mängel in der journalistischen Arbeit der „Deutschen Welle“ nehme der Staatsminister daher „grundsätzlich sehr ernst“.
Kürzlich hatte Kulturstaatsminister Weimer die besondere Rolle des deutschen Auslandssenders betont. In Zeiten, in denen Diktaturen auf dem Vormarsch seien und die Räume der Demokratie eng machten, brauche es im globalen Ideenwettbewerb eine starke Stimme der Freiheit wie die Deutsche Welle – gerade dort, wo es solche Stimmen nicht mehr gebe, sagte der Staatsminister für Kultur und Medien im Deutschlandfunk.
Deutsche Welle sendet aus mehr als 140 Ländern
Die Deutsche Welle erreicht eigenen Angaben zufolge weltweit wöchentlich 320 Millionen Nutzer. Sie sendet in 32 Sprachen und hat 4000 Mitarbeitende aus mehr als 140 Nationen in 18 internationalen Büros. Intendant ist seit 2013 Peter Limbourg (65). Seine Nachfolgerin wird im Herbst die bisherige Verwaltungsdirektorin Barbara Massing.
