Antisemitismus und Schule: Experten lenken Blick auf Unterricht

Antisemitismus an Schulen ist nach Auffassung der Antidiskriminierungsstelle Sabra nicht nur ein durch Schüler hineingetragenes Phänomen. Auch Lehrkräfte verbreiteten zum Teil antisemitische Einstellungen, und judenfeindliche Stereotype fänden sich noch immer in Unterrichtsmaterialien, heißt es in einer Stellungnahme der nordrhein-westfälischen „Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit, Beratung bei Rassismus und Antisemitismus“, mit der sich am Dienstag der Schulausschuss im Düsseldorfer Landtag befassen wollte.

Im Ausschuss äußerten sich neben Sabra auch Experten aus Wissenschaft, jüdischen Gemeinden und Gedenkstellen zu Antisemitismus an Schulen. In der Anhörung auf Antrag der FDP-Fraktion nahmen die Sachverständigen zu antisemitischen Vorfällen auf Schulhöfen und in Klassenzimmern Stellung und äußerten sich teils kritisch zur Unterrichtsgestaltung, außerschulischen Bildungsarbeit und Anforderungen an das Lehramtsstudium.

Die Einrichtung Sabra unterstreicht, dass „dringend antisemitismuskritische Bildungsarbeit im Schulsystem“ verankert werden müsse. In den Lehrplänen dürfe es dabei aber nicht allein um „nationalsozialistischen Vernichtungsantisemitismus gehen“, auch die aktuellen Formen wie israelbezogener Antisemitismus, Post-Shoah- und islamischer Antisemitismus müssten Themen sein.

Auch die Wissenschaftlerin Kerstin Platt von der Uhr-Uni Bochum mahnte an, die an Schulen virulenten Formen von Antisemitismus, etwa im Zusammenhang mit Verschwörungserzählungen im Internet, Stigmatisierungen, Hassbotschaften oder Konflikten von Schülern mit Lehrern in den Blick zu nehmen.

Zudem müssten Mechanismen des Unterrichtens mitgedacht werden, fordert Platt in ihrer Stellungnahme. Denn Antisemitismus treffe nicht als „gesellschaftliches Paket“ in der Schule ein, sondern entwickele sich auch in der Dynamik schulischer Lern- und Sozialbeziehungen. Es gebe starke Wechselwirkungen zwischen einem nicht gefestigten Wissen der Lehrkräfte, unklaren thematischen Einordnungen im Unterricht und unklaren Unterrichtszielen. All dies liefere keine Bausteine für eine schulische Prävention, betonte sie.

In einem gemeinsamen Aufsatz äußerten sich Wissenschaftler zu einer Beobachtungsstudie im Zeitraum Oktober 2020 bis 2023 von rund 50 Unterrichtsstunden an verschiedenen Schulen. Es sei deutlich geworden, dass Bildung gegen Antisemitismus scheitern könne, wenn etwa Karikaturen im Unterricht zu viel Gewicht verliehen werde, erklärten sie. Zu oft werde dabei nur etwas beschrieben, die Frage nach dem „warum“ ausgeklammert. Die Gefahr der Reproduktion antisemitischer Vorstellungen und Stereotype müsse klar benannt werden, hieß es.

Die Wissenschaftler, unter ihnen der Didaktik-Professor Karim Fereidooni von der Ruhr-Uni Bochum, mahnten zudem eine Debatte über die aus ihrer Sicht oftmals diffuse gemeinsame Thematisierung von Judentum und Antisemitismus an.