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Antisemitismus in Deutschland – Prognose nach Gaza-Abkommen unklar

Was könnte sich nach dem Abkommen zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas für Juden in Deutschland ändern? Experten sagen, dass der Gaza-Krieg nur Anlass und Ventil für Antisemitismus war – aber keine Ursache.

Der Terrorüberfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und der anschließende Gaza-Krieg haben auch in Deutschland die Zahlen antisemitischer Straftaten und Vorfälle in die Höhe schnellen lassen. Ob das neue Abkommen zwischen Israel und der Hamas zur Freilassung der Geiseln und für einen Waffenstillstand diese Entwicklung verändert, ist Fachleuten zufolge derzeit offen.

Der Gaza-Krieg sei nicht der Grund für antisemitische Mobilisierung, sondern ein Anlass und ein Ventil, sagte Alexander Rasumny, Sprecher der Beratungsstelle Ofek in Berlin, am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). “Der politische Antisemitismus entlädt sich dadurch, wird durch die Mobilisierung angetrieben, stellt aber keine Ursache dar.”

Direkt nach dem 7. Oktober 2023 habe die Beratungsstelle einen massiven Anstieg an Fällen nach antisemitischer Gewalt und Diskriminierung erlebt. Im ersten halben Jahr nach dem 7. Oktober hätten die Mitarbeitenden in über 1.300 Fällen beraten, so Rasumny. Von Oktober 2023 bis September 2024 seien es 1.858 Fälle gewesen.

Die Zahl der Beratungsanfragen ging den Angaben zufolge seitdem etwas zurück, bleibt aber konstant auf einem hohen Niveau. Von Oktober 2024 bis März 2025 habe Ofek in 661 Fällen umfassend beraten, erklärte der Sprecher. Beratungszahlen für das gesamte Jahr von Oktober 2024 bis September 2025 sollen demnach Ende Oktober veröffentlicht werden.

“An der Entwicklung der Beratungszahlen lässt sich erkennen, dass das Fallaufkommen weitaus höher ist als vor dem 7. Oktober und sich bereits vor den Massakern und Angriffen der Hamas im stetigen Wachstum befand”, betonte Rasumny. Verändert habe sich allerdings, dass die Vorfälle gravierender und bedrohlicher geworden seien – und ein “enthemmtes Gewaltpotenzial” zeigten.

“Die antisemitischen Reaktionen auf den 7. Oktober und den darauffolgenden Krieg wirkten als ein Katalysator für die Ausbreitung und Normalisierung antisemitischer Narrative”, so der Sprecher. Von alleine würden solche Haltungen nicht verschwinden – “und bei der nächsten Gelegenheitsstruktur wieder zu antisemitischen Entladungen und zu erneutem Anstieg der Fallzahlen führen”. Dagegen könne aber eine breite gesellschaftliche Auseinandersetzung helfen.