Anker für die Seele

„Um zu wissen, was ein Anker ist, braucht man den Sturm“, sagte eine Soldatin zu Militärpfarrerin Beate Kopf. Sturm gibt es auch im Leben – wo ist da der Anker?

Das Ankerkreuz in der Militärseelsorge der Marineoperationsschule in Bremerhaven
Das Ankerkreuz in der Militärseelsorge der Marineoperationsschule in BremerhavenBeate Kopf

Anker werfen – hier an der Marineoperationsschule in Bremerhaven gilt das bei den meisten Soldaten und Soldatinnen nur für begrenzte Zeit. Sie kommen als Teilnehmende an Fachlehrgängen, leisten als Rekruten ihre Grundausbildung ab oder trainieren in der Wasser-Rettungshalle der Schule das Überleben auf See. Die Ausbildung kann wenige Wochen oder auch fünfzehn Monate dauern.

Anker werfen – ist vor allem aber ein ganz direktes seemännisches Manöver, das vielen Marinesoldatinnen und -soldaten vertraut ist: Den richtigen Platz in einer geschützten Bucht finden; über gutem Haltegrund auf den Befehl „Fallen Anker“ warten, die Bremse lösen, und mit lautem Kettenrasseln geht der Anker zu Wasser. Ein Zwischenstopp steht jetzt an. Landgang für die Besatzung. Endlich wieder fester Boden unter den Füßen. Und immer wieder machen sie dann die wichtige Erfahrung: Das Schiff hält nicht den Anker, der Anker hält das Schiff!

Direkt hinterm Deich

Seit gut drei Jahren wohne ich wieder an der Nordsee, fast direkt hinterm Deich. Letztens war Hochwasser. Das war ja nichts, würden jetzt die „Ureinwohner“ sagen. Ich fand es schon ganz beeindruckend: Wiesen und Parkplätze überflutet, Autos im Meer. Ich mag diese Stürme. Sie haben etwas Mächtiges. Entfesselte Natur pur … zumindest, wenn man auf festem Boden steht.

So mancher Sturm erschüttert auch unser Leben. Wellen überschlagen sich. John Lennon sagte mal: „Leben ist das, was passiert, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu machen.“ Gerade jetzt schauen wir noch mal intensiver auf das, was so passiert und passiert, privat, gesellschaftlich. Und fragen zugleich einmal mehr nach so manchem Warum. Warum diese Krankheit, warum dieser Tod, warum Streit, Mobbing oder Unfälle?

All das sind Stürme, auf die jeder Mensch gerne verzichten würde. Ja, das nennt sich Leben! Wenn alles Mögliche und Unmögliche auf dich einstürmt und dein Leben ins Schwanken gerät, dann ist es umso wichtiger, einen Anker zu haben.

Schiff im Sturm

Einen Anker, der dich festhält, dir Sicherheit gibt, um in den Strömen des Lebens nicht abzutreiben. Letztens sagte eine Soldatin zu mir: „Um zu wissen, was ein Anker ist, braucht man den Sturm.“ Wenn dein Schiff an Land liegt, wirst du die Bedeutung von Anker höchstens bei Wikipedia nachlesen. Du wirst nicht erleben, wie überlebenswichtig ein Anker in der Not ist.

Überlebenswichtig ist auch Hoffnung. Ohne Hoffnung geht ein Mensch ein. In der Bibel steht der Anker für jene Hoffnung, die in Gott ihren Grund hat und die in Jesus lebendige Erfahrung geworden ist. Dafür steht auch das Ankerkreuz. Eines hängt in unserer Kapelle in der Marineschule.

Das geschmiedete Ankerkreuz, geschaffen von einem Soldaten, begleitet die Militärseelsorge in Bremerhaven. Der Anker als Zeichen für den festen Halt, den jeder Mensch in seinem Leben ersehnt und sucht – er weist uns auf Christus hin, auf seine Einladung an alle Menschen, bei ihm Ruhe, Geborgenheit, den festen Grund zu suchen: Das Schiff hält nicht den Anker, sondern der Anker hält das Schiff!

Unsere Autorin
Beate Kopf ist Militärpfarrerin im Evangelischen Militärpfarramt Bremerhaven.