„Angriff auf die Erinnerung“

Nach Schmierereien an Gedenkstätte in Jamlitz: Tatverdächtige schnell ermittelt

Jamlitz/epd/dk Am 8. März wurden Schmierereien an Stelen der Gedenkstätte Jamlitz (Kirchenkreis Oderland-Spree) festgestellt. Die Polizei konnte drei Tatverdächtige ermitteln. Gegen die beiden 20 Jahre alten Männer und die 18-jährige Frau sind Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, teilte die Polizeidirektion Süd vergangene Woche Mittwoch in Cottbus mit. Ermittelt werde auch wegen des Verdachts der Volksverhetzung.

Die Täter*innen hatten auf mehreren Informationstafeln antisemitische Schrift­züge aufgebracht. Sie wurden mittlerweile wieder entfernt. Anwohnerinnen und Anwohner informierten Andreas Weigelt, den Leiter der Gedenkstätte, der im Auftrag der Kirchengemeinde Lieberose und Land eine Strafanzeige erstattete. Im Zuge erster polizeilicher Ermittlungen wurden zudem weitere Schriftzüge an einer nahegelegenen Bushaltestelle festgestellt. 

Ein Dorf stellt sich gegen rechtsextreme Umtriebe

Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (SPD) zeigte sich entsetzt von der Tat: „Der Anschlag ist nicht nur ein Angriff auf die Erinnerung an die nationalsozialistischen Verbrechen. Er ist eine Schändung dieses besonderen Ortes.“ Sie danke der Polizei für die schnelle Ermittlung von Tatverdächtigen und ganz besonders auch den Jamlitzer*innen, die die Schmierereien meldeten und sie entfernten. „Das macht deutlich: Die Jamlitzerinnen und Jamlitzer stellen sich gegen rechtsextreme Umtriebe und zeigen Mut und Herz. Sie stehen für Hoffnung und Versöhnung.“ Auch Axel Drecoll, Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, verurteilte den Anschlag.

Marion Gardei, Antisemitismusbeauftragte der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), sagte: „Es ist eine Schande, dass antisemitische Schmierereien in unserem Land wieder an der Tagesordnung sind. Trotzdem und gerade deshalb: 

Unsere Erinnerungsarbeit an diesem Ort wird weitergehen und gestärkt werden. Wir werden die Geschichte der durch die Nazis unschuldig Verfolgten nicht überschreiben lassen, sondern die Erinnerung an die ermordeten Jüdinnen und Juden für alle Zeiten wachhalten.“

Die Gedenkstätte wird gemeinsam von der EKBO, dem Amt Lieberose und der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten in Abstimmung mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland getragen. Das Land Brandenburg stellt dafür in diesem Jahr 25000 Euro bereit. Durch bürgerschaftliches Engagement und ehrenamtliche Arbeit besonders der Kirchengemeinde Lieberose ist an dem Ort eine wichtige pädagogische Erinnerungs- und interreligiöse Gedenkarbeit gewachsen. 

Außenlager des KZ Sachsenhausen

In Jamlitz wurde 1943 das Außenlager Lieberose des KZ Sachsenhausen errichtet. Bis 1945 mussten hier rund 6000 bis 10000 Häftlinge, überwiegend Jüdinnen und Juden, unter mörderischen Bedingungen Zwangsarbeit leisten mussten. Arbeitsunfähige wurden nach Auschwitz deportiert. Bei der Auflösung des Lagers Anfang Februar 1945 wurden 1342 kranke und marschunfähige Häftlinge von der SS erschossen. Rund 1500 Häftlinge trieb die SS auf einen etwa 200 Kilometer langen Todesmarsch in das Hauptlager Sachsenhausen, in dessen Verlauf weitere Häftlinge erschossen wurden. Nach der Ankunft im Hauptlager selektierte die SS erneut Hunderte Häftlinge und ermordete sie.

Nach 1945 diente es als sowjetisches Speziallager Nr. 6. Dort waren bis 1947 mehr als 10000 Häftlinge des sowjetischen Geheimdienstes NKWD inhaftiert.