Anarchisch und schrill: Die „Rocky Horror Picture Show“ wird 50

Am 16. Juni 1973 ging das revolutionäre Musical „Rocky Horror Show“ zum ersten Mal über die Bühne. Warum die Show seit 50 Jahren funktioniert.

Tim Curry in der Rolle des „Doktor Frank N. Furter“ in The Rocky Horror Picture Show (1975)
Tim Curry in der Rolle des „Doktor Frank N. Furter“ in The Rocky Horror Picture Show (1975)Imago / United Archives

Die anhaltende Beliebtheit der „Rocky Horror Picture Show“ liegt nach Einschätzung des Musical-Experten Gil Mehmert an der besonderen Interaktion mit dem Publikum. Zum Kult wurde das 50 Jahre alte Stück besonders durch den Kinofilm, der in einem damals neuen Format als „Mitternachtsshow“ gezeigt wurde, wie der Professor an der Essener Folkwang Universität der Künste dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte.

In den Mitternachtsshows sei der Kult entstanden mitzuagieren, zum Teil parallel vor der Bühne die Handlung mitzuspielen. Das sei dann vom Film zurück zum Theater gekommen. Auch heute sei die „Geschichte immer noch anarchisch und schrill“. Die Musik mit Anklängen an den Rhythm ’n‘ Blues der 50er Jahre sei zeitlos. Diese Art von Gitarrenriff-orientierten Stücken sei damals in diesem Genre noch kaum etabliert gewesen.

Revolution der Geschlechterrollen

Die Premiere des Musicals „Rocky Horror Show“ von Richard O‘ Brien fand vor 50 Jahren, am 16. Juni 1973 in London statt, zwei Jahre später kam es als „Rocky Horror Picture Show“ in die Kinos. Viele Darsteller der Ur-Besetzung des Musicals wie Tim Curry als Transvestit Frank N. Furter und O‘ Brien als buckliger Butler spielten ihre Rollen auch im Kinofilm.

Anders als heute, wo das Thema Diversität in der Mitte der Gesellschaft angekommen sei, sei in den 70er Jahren das Hinwegsetzen über Geschlechterrollen noch revolutionär gewesen, sagte Mehmert. Es sei zudem ein geschickter dramaturgischer Kniff gewesen, dass in dem Stück jemand von außen komme und ein positives Virus die Welt bringe, das für mehr Liberalität und Toleranz sorge.

Antikultur, Jugendkultur, Reaktionskultur

Das Stück sei eine Art Reaktion auf den damaligen etablierten Musical-Markt gewesen, erläuterte Mehmert, der im Studiengang Musical unterrichtet und auch als Regisseur arbeitet: „Es war eine Art Antikultur, Jugendkultur, Reaktionskultur und wurde dann selbst Kult.“

Nachdem der Musical-Darsteller Richard O’Brien aus einer Produktion rausgeschmissen worden sei, habe er in seiner Wut „eine Art Punk-Musical“ geschrieben, bevor es Punk gegeben habe. Bedient habe sich O‘ Brien bei der Trash-Kultur und B-Filmen. Daraus habe er „eine wirre und chaotische Geschichte“ geschaffen, die aber in sich funktioniere.