Ampel und Union wollen Verfassungsgericht vor Extremisten schützen

Die Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP verhandeln mit der Unionsfraktion über einen stärkeren Schutz des Bundesverfassungsgerichts. Alle drei Seiten bestätigten am Donnerstag in Berlin, die Gespräche über einen Entwurf von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) würden nach Ostern fortgesetzt. Buschmann erklärte, man wolle in dieser Wahlperiode zu einer Einigung kommen. Die Union betonte, man werde sich die Vorschläge gründlich anschauen.

Angesichts des Erstarkens extremer Parteien, insbesondere der AfD, hatte zum Jahresanfang eine Diskussion darüber begonnen, wie wichtige Institutionen des Rechtsstaats geschützt werden können vor Versuchen, sie zu schwächen. Ziel der politischen Gespräche ist es, zentrale Regelungen aus dem Bundesverfassungsgerichtsgesetz im Grundgesetz zu verankern.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Konstantin von Notz, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), der Schutz des Bundesverfassungsgerichts vor antidemokratischer Einflussnahme sei dringend notwendig. „Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Union an den Verhandlungstisch zurückkehrt und das Bundesministerium für Justiz einen ersten Regelungsvorschlag gemacht hat.“ Aus der Unionsfraktion und der SPD wurden die geplanten Gespräche bestätigt, aber keine Einzelheiten zu Inhalten und Zeitplan genannt.

Die in Düsseldorf erscheinende „Rheinische Post“ hatte am Donnerstag berichtet, der Entwurf aus dem Justizministerium sehe unter anderem vor, die beiden Senate des Bundesverfassungsgerichts sowie die Wahl, Zahl und Amtszeit der Richterinnen und Richter sowie die Verbindlichkeit der Karlsruher Entscheidungen im Grundgesetz zu regeln. In dem zwölfseitigen Arbeitspapier, das der Zeitung vorliege, heiße es: „All diese Regelungen sind damit künftig einer Änderung mit einfacher Mehrheit entzogen.“

Die Union, deren Stimmen für die Änderungen gebraucht werden, hatte zunächst ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit signalisiert, dann aber auf Initiative von CDU-Parteichef Friedrich Merz einen Rückzieher gemacht. Der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Günter Krings, betonte, man stehe zu konstruktiven Gesprächen bereit, werde aber die Vorschläge der Ampel gründlich prüfen. Er sagte dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND), zwar sehe seine Partei keine akute Gefahr für das Bundesverfassungsgericht, könne sich „aber eine stärkere grundgesetzliche Verankerung der Regeln über das Gericht grundsätzlich vorstellen.“

Justizminister Buschmann bestätigte dem RND, sein Ministerium habe einen „Gesetzentwurf als Arbeitsdokument“ vorgelegt. Es sei wichtig, für potenzielle Gefahren gerüstet zu sein: „Die traurige Erfahrung in Polen, in Ungarn und teilweise auch in Israel ist, dass Verfassungsgerichte schnell politische Angriffsziele sein können.“ Das Ziel sollte sein, „in dieser Legislaturperiode etwas hinzubekommen“, sagte Buschmann dem RND. Er begrüßte die Bereitschaft der Union zu Gesprächen.

Der Vizepräsident des Deutschen Anwaltvereins, Ulrich Karpenstein, erklärte, das Vorhaben werde den Rechtsstaat deutlich krisenfester machen. Die dauerhafte Absicherung der Gewaltenteilung in Bund und Ländern sei eine überparteiliche Verantwortung. Der Anwaltverein setzt sich seit den Verfassungskrisen in Ungarn und Polen dafür ein, die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgerichts im Grundgesetz zu verankern.

Der Deutsche Richterbund erklärte, der Schutz des Bundesverfassungsgerichts könne nur der erste Schritt sein, um den Rechtsstaat wehrhafter zu machen gegen Extremisten. Auch die Justiz der Länder müsse besser vor politischen Durchgriffen geschützt werden, forderte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn.