Amnesty kritisiert Vorgehen gegen Opposition in Tunesien vor Wahl

Wenige Wochen vor der Präsidentenwahl in Tunesien beklagt Amnesty International eine Zunahme der Repression gegen Oppositionelle. Allein zwischen dem 12. und 13. September seien mindestens 97 Mitglieder der Ennahda-Partei festgenommen worden, erklärte die Menschenrechtsorganisation am Dienstag. Amnesty kritisierte auch Einschränkungen für die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten sowie Nichtregierungsorganisationen.

In dem autoritär regierten Land sind für den 6. Oktober Präsidentenwahlen geplant, bei denen mit einem Sieg des amtierenden Staatschefs Kais Saied gerechnet wird. Amnesty zufolge sind nur zwei weitere Kandidaten zur Wahl zugelassen.

Die Menschenrechtsorganisation kritisierte, dass den Mitte September festgenommenen Mitgliedern der konservativ-muslimischen Ennahda-Partei für 48 Stunden der Zugang zu Anwälten verwehrt worden sei. Ihnen werden demnach Verschwörung und andere Tatbestände nach dem Antiterrorgesetz vorgeworfen. Anfang August waren fünf Anwärter auf eine Präsidentschaftskandidatur zu Haftstrafen verurteilt worden.

Amnesty-Generalsekretärin Agnès Callamard kritisierte einen Angriff der tunesischen Behörden auf die „Grundpfeiler der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit“ kurz vor den Wahlen. Sie forderte die unverzügliche Freilassung aller Menschen, die ausschließlich wegen der friedlichen Ausübung ihrer Menschenrechte inhaftiert seien, darunter Ennahda-Mitglieder und Menschenrechtsverteidiger.

Der amtierende Präsident Kais Saied war im Herbst 2019 demokratisch mit großer Mehrheit gewählt worden. Im Juli 2021 rief er den Notstand aus und hat seitdem zunehmend Macht auf sich vereint und eine neue Verfassung verabschieden lassen. Gegen die Opposition geht er systematisch vor.