Am Mittwoch könnte es ernst werden in Lützerath

Die Räumung von Lützerath für den Braunkohleabbau rückt immer näher. Polizei und Klimaaktivisten bereiten sich darauf vor. Bleibt es friedlich?

Auch am Montag gab es Proteste gegen die geplante Räumung
Auch am Montag gab es Proteste gegen die geplante RäumungImago / Funke Foto Services

Mit der Räumung des Ortes Lützerath im Rheinischen Braunkohlerevier ist laut Polizei ab Mittwoch zu rechnen. „Ich sage nicht, dass am Mittwoch schon geräumt wird. Aber ab dann ist jeden Tag damit zu rechnen“, sagte der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach bei der Vorstellung des polizeilichen Einsatzkonzeptes. Am Dienstagabend ist noch eine Informationsveranstaltung für Bürgerinnen und Bürger in Erkelenz geplant. Die Polizei stehe „vor einem schwierigen herausfordernden Einsatz mit erheblichen Risiken“, betonte der Polizeipräsident.

Weinspach zeigte sich erschrocken über Gewalt durch Protestierende am Sonntagabend gegen Polizeibeamte nach einem Konzert in Lützerath, insbesondere über die Gewalt gegen die Kontaktbeamten, „die in der Szene bekannt sind, deren Gesichter man in der Szene kennt“. Er appellierte an alle Beteiligten, dazu beizutragen, dass der Einsatz friedlich ablaufen und beendet werden könne. Die Aachener Polizei rechnet mit einer Einsatzdauer von zunächst vier Wochen.

Proteste in Planung

Klimainitiativen wollen die Räumung blockieren, um den Abbau der Kohle unter dem Weiler zu verhindern. Sie haben sich in den verlassenen Häusern des Weilers niedergelassen und dort ein Protestcamp eingerichtet. Umweltverbände und Klimagruppen planen weitere Proteste, unter anderem am kommenden Samstag eine weitere große Demonstration.

Einsatzleiter Wilhelm Sauer erläuterte, Einsatzgebiet sei das gesamte Rheinische Braunkohlenrevier. Das heiße zum Beispiel, dass man auch mit der Besetzung von Kraftwerken, Kohlebunkern, Kohlebahnen, Großgeräten oder des Tagebaus rechne. Die Polizistinnen und Polizisten hätten aber in der Vergangenheit bei der Bergung von Bewohnerinnen und Bewohnern aus Baumhäusern „eine sehr hohe Expertise und Professionalität entwickelt“. Der Einsatzleiter kündigte an, dass die Polizei bei Kommunikation und Transparenz, Zurückhaltung und Besonnenheit „bis an die Grenze des Machbaren und Belastbaren“ gehen werde.

Wilhelm Sauer, Einsatzleiter der Polizei
Wilhelm Sauer, Einsatzleiter der PolizeiImago / Funke Foto Services

Sauer erklärte, er werde es nicht zulassen, „dass Kolleginnen und Kollegen zu wehrlosen Opfern sinnloser Angriffe werden“ und beklagte den Einsatz von Steinschleudern, Pyrotechnik oder die Anlage von Depots mit Steinen, das Ausheben von Gräben und Löchern. „Das überschreitet deutlich das Hinnehmbare. Aber wir richten uns darauf ein.“

Aus Sicht des nordrhein-westfälischen Innenministers Herbert Reul (CDU) setzt bei den Protesten nur eine kleine Minderheit der Klimaschutzbewegung auf Radikalität. Die meisten Demonstrierenden, die die Abbaggerung des Weilers verhindern wollten, seien „vernünftige Menschen, die ein echtes Anliegen haben“, sagte Reul im „Morgenmagazin“ des ZDF. Das Risiko sei groß, dass die Auseinandersetzungen von Minderheiten beherrscht würden. „Ein Kompromiss soll jetzt umgesetzt werden“, unterstrich Reul. Der Polizei bleibe keine andere Wahl als die Räumung des Ortes, der nur aus drei Häusern bestehe.

„Massiv unterschätzt“

Im benachbarten Keyenberg haben Protestinitiativen am Montag ein weiteres Camp eingerichtet. „Wer denkt, mit Zäunen und einem Großaufgebot der Polizei den Protest gegen den Kohletagebau unterbinden zu können, hat die Klimagerechtigkeitsbewegung massiv unterschätzt“, sagte Camp-Sprecherin Charly Dietz.

Der Energiekonzern RWE will den Weiler am Tagebau Garzweiler abreißen lassen, um die Braunkohle darunter abzubaggern. Der zuständige Landrat des Kreises Heinsberg, Stephan Pusch (CDU), hat dazu eine sogenannte Räumungsverfügung erlassen. Lützerath ist damit Sperrgebiet. Die Verfügung würde Räumungsmaßnahmen bereits ab Dienstag ermöglichen.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und die nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (beide Grüne) hatten sich im Oktober 2022 mit RWE auf einen vorgezogenen Braunkohleausstieg von 2038 auf 2030 verständigt. Der umkämpfte Ort Lützerath soll allerdings den Kohlebaggern weichen.