Alles ist gutgegangen – TV-Premiere über Vater-Tochter-Beziehung

„Alles ist gutgegangen“ ist ein Drama von Francois Ozon nach einer autobiografischen Erzählung: Ein alter Mann will nach einem Schlaganfall nicht mehr leben und bittet seine Tochter, ihm dabei zu helfen.

In Zusammenarbeit mit filmdienst.de und der Katholischen Filmkommission gibt die KNA Tipps zu besonderen TV-Filmen:

Die französische Schriftstellerin Emmanuele Bernheim (Sophie Marceau) steckt mitten in einem Roman, als sie einen Anruf erhält: Ihr 84-jähriger Vater (Andre Dussollier) wurde in ein Krankenhaus eingeliefert und liegt nun auf der Intensivstation. Ein Schlaganfall, sagen die Ärzte; der bis dato rüstige Industrielle und Kunstsammler Andre werde sich zwar wieder erholen, aber wohl nie mehr eigenständig leben können.

Das aber ist für Andre keine Perspektive. Er will freiwillig aus dem Leben scheiden, weil ihm die andere Aussicht unerträglich erscheint. Da gewerbliche Sterbehilfe in Frankreich verboten ist, bittet er seine Tochter, ihm bei der Verwirklichung des Selbstmords behilflich zu sein.

Der weitgehend aus der Sicht der Schriftstellerin erzählte Film von 2021, der auf einer autobiografischen Erzählung von Emmanuele Bernheim beruht, entfaltet sich weniger als vertiefte Auseinandersetzung mit der Sterbehilfe denn als aufwühlendes Drama um die zeitlebens schwierige, aber zugleich intensive Beziehung zwischen einem Vater und seiner Tochter.

Francois Ozon hat den Film nüchtern und mit feinem Sinn für kleine Details inszeniert. Bis auf wenige Momente, in denen die Tochter unverhofft Kindheitserinnerungen einholen oder sie sich in Albträumen verliert, folgt die Erzählung der Chronologie der Ereignisse. Es ist ein Drama, wenn nicht gar eine Tragödie, um einen Mann, der zwar eine Frau und zwei Töchter hat, aber sein Glück nicht als Familienhaupt fand, und um eine Tochter, die als Kind unter den harschen Erziehungsmethoden und der despotischen Launenhaftigkeit des Vaters derart litt, dass sie ihm den Tod wünschte; durch seine Bitte wird sie nun in ein monströses Dilemma gestürzt

Die französische Schriftstellerin Emmanuele Bernheim steckt mitten in einem Roman, als sie einen Anruf erhält: Ihr 84-jähriger Vater liegt auf der Intensivstation. Sie eilt zum Spital, wo sie ihre Schwester Pascale trifft. Ein Schlaganfall, sagen die Ärzte. Der bis dato rüstige Industrielle und Kunstsammler Andre werde sich zwar wieder erholen, aber wohl nie mehr eigenständig leben.

Während im Krankenhaus die üblichen Routinen anlaufen, um den halbseitig gelähmten Mann zu stabilisieren, organisieren die Schwestern: Papierkram und notarielle Abklärungen, auch einen Besuch ihrer psychisch und physisch angeschlagenen Mutter Claude. Die kurze, unterkühlte Begegnung der Ehepartner zeugt von einer gewachsenen Distanziertheit. Später fragt Emmanuele ihre Mutter, wieso sie Andre nie verlassen habe.

Sie habe ihren Mann immer geliebt, antwortet Claude. Und das, obwohl sie schon bei ihrer Hochzeit gewusst haben muss, dass Andre Männer liebt. Eine etwas mysteriöse Rolle spielt Andres offensichtlich langjähriger Geliebter Gerard Boisrond, den die Schwestern als „G.M.“ (Grande Merde) bezeichnen.

Erzählt wird der Film von 2021 weitgehend aus der Sicht von Emmanuele, auf deren literarischer Vorlage der Film aufbaut: „Alles ist gutgegangen“ von Francois Ozon ist eine Adaption der unter gleichem Titel veröffentlichen autobiografischen Erzählung von Bernheim. Die 1955 geborene Autorin starb 2017 während der Vorbereitungen zu „Alles ist gutgegangen“.

Emmanuele ist es auch, die bei einem ihrer Besuche im Krankenhaus von ihrem Vater um Hilfe gebeten wird. Auch wenn es Andre nach und nach besser geht, ist für den einst erfolgreichen Industriellen, der Musik über alles liebt und leidenschaftlich Kunst sammelt, ein nicht mehr selbstständig geführtes Leben keine Option. Er möchte es so bald wie möglich beenden. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als dafür in die Schweiz zu reisen. Emmanuele, die ihrem Vater einen Strauß Nelken mitgebracht hat, stellt die Blumen auf den Tisch, dreht sich um und geht wortlos. Den Wunsch abschlagen kann sie Andre allerdings nicht.

Obwohl dann detailliert erzählt wird, wie eine solche letzte Reise arrangiert wird, welche ethischen Bedenken sie begleiten und welche emotionalen Reaktionen sie bei den Beteiligten auslösen kann, ist „Alles ist gutgegangen“ keine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema Sterbehilfe. Vielmehr ist es ein Drama, wenn nicht eine Tragödie um einen Mann, der sein Glück nicht als Familienhaupt fand. Und um eine Tochter, die als Kind unter den harschen Erziehungsmethoden und der despotischen Launenhaftigkeit des Vaters so litt, dass sie ihm den Tod wünschte. Durch seine Bitte wird sie nun in ein monströses Dilemma gestürzt.

Ozon hat den Film weitgehend nüchtern und mit feinem Sinn für kleine Details inszeniert. Der Titel erklärt sich aus einem abschließenden Telefonat mit der Frau, die das Sterben in der Schweiz arrangiert. Hanna Schygulla spielt diese Frau sehr mütterlich, charismatisch und konzentriert. Sie erscheint als beruhigende Instanz im Hintergrund, die ermöglicht, was unmöglich scheint.

Ein kurzer Auftritt, aber eine große Rolle für Schygulla, die einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt. Auch viele weitere Rollen sind namhaft besetzt, wenngleich die meisten Figuren seltsam blass bleiben. Das gilt auch für tragende Rollen, etwa für die von Charlotte Rampling gespielte Claude, den von Gregory Gadebois verkörperten Geliebten und für Eric Caravaca in der Rolle von Serge Toubiana, Emmanueles Lebenspartner.

Obwohl Geraldine Pailhas als Emmanueles Schwester Pascale starke Szenen und große Momente hat, sind es Sophie Marceau und Andre Dussollier, die in der Auseinandersetzung von Vater und Tochter den Film tragen. Marceau überzeugt durch konzises Spiel und starke Innerlichkeit. Dussollier, mit halbseitig gelähmtem Gesicht oft kaum zu erkennen, gibt Andre Bernheim als launischen Egozentriker.

Der Film ist handwerklich solide und interessant, wenngleich es nicht Ozons bester Film ist. Es mangelt ihm an jener Leichtigkeit, die seine bisherigen Filme kennzeichnete, auch die düsteren, die vom Sterben und Verschwinden handeln. Und es mangelt ihm, augenfällig vor allem in der Darstellung eines halb oder vielleicht ganz offen homosexuell geführten Lebens, weitgehend an der zärtlichen Eleganz der Gefühle, die Ozons Filme auf der Leinwand so groß machen, selbst wenn sie vom Kleinen und Alltäglichen handeln.