Allein unter Frauen

Vor rund acht Jahren wechselte Hermann Straßberger aus der Verwaltung einer Bäckerei in das Büro einer Kirche. Heute fühlt sich der Gemeindesekretär pudelwohl in der Frauen-Domäne.

Hermann Straßberger an seinem Arbeitsplatz
Hermann Straßberger an seinem ArbeitsplatzFriederike Lübke

Hamburg. Dass er eine Ausnahme ist, hat Hermann Straßberger, 53, anfangs nicht gewusst. Als er vor rund acht Jahren seine Stelle in der Luthergemeinde in Harburg antrat, kannte er zwar seine Vorgängerin, aber dass fast alle Gemeindesekretariate von Frauen geführt werden, war ihm nicht bewusst. „Ich hatte ja wenig mit anderen Gemeindebüros zu tun“, sagt er. Dass änderte sich schnell. Heute weiß er, dass er in Harburg der einzige Gemeindesekretär ist und im Konvent der „Hahn im Korb“. Gestört hat ihn das noch nie.

Ältere Menschen seien manchmal überrascht gewesen, wenn sie ihn im Sekretariat antrafen, berichtet Straßberger. Aber das Gemeindebüro ist auch eine Anlaufstelle für alle, die sonst wenig mit der Kirche zu tun haben – etwa weil sie sich nach einem Patenschein oder einer Trauung erkundigen wollen – und die wunderten sich nicht, erzählt er. Was er allerdings festgestellt hat: Zu ihm ins Büro kommen weniger Besucher, um einfach nur zu schnacken und ihre Sorgen und Nöte loszuwerden, als zu seiner Vorgängerin. „Ich kann nicht beurteilen, ob das an mir liegt, oder daran, dass ich ein Mann bin“, sagt er. Negative Reaktionen fallen ihm nicht ein, positive dagegen schon: Im Konvent hat er viel Unterstützung erfahren und die Damen des Seniorenkreises freuen sich, wenn er mittwochs bei ihnen reinschaut.

Traugespräche sind die Höhepunkte

Bevor er in das Gemeindebüro wechselte, war Straßburger Bäckermeister und Verwaltungsleiter einer Bäckerei. Als die Gemeindesekretärin seiner Heimatgemeinde 2011 in den Ruhestand ging, bewarb er sich und bekam den Job. Er arbeitete auf einer halben Stelle, bis rund drei Jahre später auch in der benachbarten Paulusgemeinde das Gemeindesekretariat vakant wurde und er zusätzlich auch dort eine halbe Stelle übernahm. Nun teilt er seine Arbeitszeit zwischen den beiden Gemeinden auf und bereitet sich schon auf die dritte vor: Die Paulus-, Luther- und Trinitatisgemeinde sollen zusammengelegt werden, die Verwaltung übernimmt er dann gemeinsam mit der Kollegin aus Trinitatis.

„Das Schönste an meinem Job sind inzwischen die Traugespräche“, sagt Straßberger. Die Lutherkirche ist bei Brautpaaren beliebt. Elf Trauungen finden dieses Jahr in den Sommermonaten statt. Auch von jenseits der Elbe kommen Paare nach Harburg. Straßberger zeigt ihnen die Kirche und erklärt, wie der Traugottesdienst abläuft. Sein Aufgabenfeld ist über die Jahre immer weiter gewachsen, inzwischen gehört viel Projektarbeit dazu, zum Beispiel in der Projektgruppe des Kirchenkreises Hamburg-Ost, die sich mit der Digitalisierung befasst.

Richtige Zeit, richtiger Ort

Auch ehrenamtlich engagiert er sich für die Kirche, versucht aber, die Aufgaben gut auszuwählen. „Ich muss aufpassen, dass es nicht zu viel wird“, sagt er. Schließlich arbeitet er schon von Montag bis Freitag 40 Stunden für die Kirche. „Ich möchte nicht, dass es umschlägt in: Jetzt muss ich das auch noch machen“, sagt er. Bei besonderen Gottesdienstformaten hilft er mit, außerdem hat er sich in die Synode wählen lassen und sitzt im Pröpstewahl- und im Zukunftsausschuss.

Die Zukunft der Kirche ist ein Thema, das ihn sehr beschäftigt. „Wir müssen jetzt reagieren, damit wir für die Zukunft gewappnet sind“, sagt er und überlegt, „wie soll Gemeinde in 30, 40, 50 Jahren aussehen? Gerade das Weiterentwickeln, der Austausch mit anderen, die genauso engagiert sind“, das sei eine „sehr schöne Sache“, sagt er. „Das Spannende an der Vergangenheit der Kirche ist, dass es auch dort schon sehr viel Veränderung gab. Wenn man sich das mal anschaut, ist es gar nicht schlimm, wenn sich wieder was verändert, denn das war immer so.“

Seine Aufgabe sieht er weiterhin in der Verwaltung. Wenn er heute an den Schritt ins Gemeindebüro denkt, dann ist er sich sicher, dass er zur richtigen Zeit am richtigen Ort war.