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Christian Häckl ist seit seinem sechsten Lebensjahr vom Wetter begeistert. Diese Faszination wurde sein Beruf. Seit über 20 Jahren ist er als Meteorologe und Leiter der Wetterredaktion bei RTL tätig. Im Interview spricht er nicht nur übers Wetter

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In diesem Jahr waren sie etwas zu früh dran: die Eisheiligen Mammertus, Pankratius, Servatius, Bonifatius und in manchen Regionen Deutschlands auch noch die „kalte Sophie“. Ihre Gedenktage sind der 11. bis 15. Mai. Im Interview mit Sabine Just spricht RTL-Wetterexperte Christian Häckl (53) über die Wetterlage im Mai, Bauernregeln, die Chance auf einen heißen Sommer und über seine Erfahrungen mit der Kirche.

Herr Häckl, können Sie die Eisheiligen aufzählen?
Servatius, Pankratius, Mammertus, dann fällt mir einer nicht ein und dann im Süden gibt es ja noch die „kalte Sophie“.

Bonifatius… Kennen Sie Bauernregeln zu den Eisheiligen?
Was fällt mir dazu ein? Ist der Mai kühl und nass, füllt's dem Bauern Scheun' und Fass. Die kenne ich. Und diese Regel hat ja auch einen Hintergrund. Am Beginn der Vegetationsperiode brauchen die Pflanzen mehr Feuchtigkeit und nach hinten raus eher die Sonne.

Gibt es um die Eisheiligen herum eine Wetterlage, die immer wiederkehrt?
An den Eisheiligen kann durchaus noch mal Kaltluft vorstoßen. Das hat sich aber vor allem in den letzten Jahrzehnten dramatisch geändert und ich bringe dann gerne den Spruch: „In den letzten 30 Jahren waren die Eisheiligen eher Schweißheilige“.

Also merkt man etwas vom Klimawandel?
Ja. Wir hatten zum Beispiel, daran können sich wohl auch viele erinnern, in den letzten zehn Jahren viele Aprilmonate mit extrem warmem, trockenem Wetter. Früher war der April eher wie dieses Jahr. Der war ein ganz normaler April wie vor 30 Jahren. Wo heute jeder denkt: um Gottes willen, Schnee und praktisch jeden Tag Frost in der Früh und die Blüten friert's wieder ab. Das war vor 30 Jahren eigentlich ein Normalzustand.

Können Sie schon eine Vorhersage für den Sommer wagen?
Statistisch überfällig wäre eigentlich so ein richtiger Hitzesommer.

Was spielen die Eisheiligen für eine Rolle bei der Vorhersage für den Sommer?
Man kann es nicht an diesen vier oder fünf Tagen festmachen. Aber wir hatten jetzt einen sehr wechselhaften April. Sollte der Mai jetzt auch nicht extrem warm, stabil trocken und sonnig sein, dann steigen die Chancen, dass der Sommer eher gut ausfällt.

Eine feste Regel ist aber, dass es nach den Eisheiligen keine Nachtfröste mehr gibt?
Ja, das gilt für weite Teile Deutschlands. Aber in Norddeutschland ist es für die Meteorologen immer die Frage: Sind es die letzten Fröste oder die ersten? Etwa in der Lüneburger Heide, da kann es praktisch jeden Monat Bodenfrost haben.

Stichwort Smalltalk: Warum fangen die Menschen eigentlich an, über das Wetter zu reden, wenn ihnen sonst nichts einfällt?
Weil auch jeder glaubt, mitreden zu können. Das ist so ein bisschen wie Fußball, auch die unsportlichsten Männer meinen, da mitreden zu können, auch wenn sie nie selbst gegen den Ball getreten haben. Und beim Wetter ist es ähnlich.
Jeder Mensch empfindet Wetter auch den ganzen Tag über. Der eine freut sich über 35 Grad im Hochsommer, und der andere sagt, um Gottes willen nicht wieder so heiß, dann kann ich nachts nicht schlafen. Da muss man auch beim Wetterbericht aufpassen, dass man nicht zu wertend wird.

Ändert sich Ihre Laune je nach Wetter, das Sie präsentieren müssen?
Das Schlimmste für Leute, die Wetter verkaufen müssen, ist Eintönigkeit. Bei zehn Tagen Regen im Hochsommer kann man natürlich werten und sagen, hoffentlich ist das jetzt bald vorbei. Und am zehnten Tag der gleichen Wetterlage fällt einem fast nichts mehr ein, vor allem, wenn keine Änderung in Sicht ist.

Was ist Ihre Lieblingswetterlage?
Das ist ein bisschen eine Altersfrage. Früher war ich ein absoluter Winterfan. Dann war ein kräftiges Gewitter das zweitliebste. Das ist schon etwas, das mich sehr fasziniert. Inzwischen, mit fortgeschrittenem Alter, mag ich schöne Hochdruckwetterlagen mit 25 Grad. Spannend zum Vorhersagen sind natürlich die Lagen mit Gewitter, mit Temperatursturz oder Sturm.

War Meteorologe Ihr Traumberuf?
Ich wollte irgendwann Lokführer werden, aber schon mit sechs Jahren war das Wetter so stark. Die Eltern haben immer gesagt: „Der Bua hat einen Vogel.“ Ich bin Österreicher. Die haben schnell festgestellt, dass man mich da nicht belehren konnte.

Wie hat sich das geäußert?
Der Vogel hat sich darin geäußert, dass, wenn es stärker geregnet hat, ich sofort runtergegangen bin zu unserem kleinen Fluss und geschaut habe, ob der schon steigt. Oder bei Sturm raus aufs Feld oder auf den nächsten Hügel rauf. Um den Sturm möglichst intensiv zu erleben. Bei Schnee gab es sowieso nichts anderes, auch keine Hausaufgaben, dann bin ich nur stundenlang am Fenster gesessen und habe rausgeguckt.

Sie wollen den Zuschauer mit Ihrem Wetterbericht informieren und unterhalten, Sie bieten jeden Tag gewissermaßen eine Show von einer Minute und dreißig Sekunden. Wo haben Sie denn erste Moderationserfahrungen gesammelt?
Wenn Sie so wollen daheim in der Kirche. Ich komme ja aus dem katholischen Österreich, und da war ich natürlich Messdiener. Und mit 16 oder 17 durfte ich dann am Samstagabend die Lesungen lesen. Dafür musste ich am Sonntag nicht in die Kirche gehen. Das war taktisch gut. Erst mal war man samstags schon mal aus dem Haus, das heißt, man konnte den Heimweg auch mal ein bisschen verlängern, dann war man am Samstag nicht abends um acht, sondern erst um zehn oder elf zuhause. Das war schon mal ein großer Vorteil. Und Sonntag musste man nicht aufstehen. Insofern habe ich gerne samstags die Lesungen gelesen.