Honig ist das erste Süßungsmittel unserer Geschichte – und auch heute noch beliebt. Wer kann schon einem Honigtoast widerstehen? Die Menschen verbinden mit dem flüssigen Gold ein hochwertiges Naturprodukt. Doch Honig-Fälschungen nehmen zu. Lebensmittelchemikerin Saskia Eichhorn vom Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig des niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) in Oldenburg weiß, wie man sie erkennt. Eine Spurensuche zum Weltbienentag.
epd: Frau Eichhorn, woraus besteht Honig und kann ich als Verbraucher davon ausgehen, dass jeder Honig, den ich kaufe, ein echtes Naturprodukt ist?
Saskia Eichhorn: Blütenhonige bestehen zu etwa 80 Prozent aus den Einfachzuckern Glucose und Fructose sowie aus Wasser und in geringen Mengen aus Proteinen, Mineralstoffen, Aminosäuren und Pollen. In Deutschland und der EU gelangen selten verfälschte Honige auf den Markt. Das liegt daran, dass Honig strengen Reglementierungen und Kontrollen unterliegt. Honig ist aber durchaus auch Ziel von Lebensmittelkriminalität. Von 500 Proben, die wir in den Jahren 2023 und 2024 untersucht haben, entsprachen 32 Proben nicht den stofflichen Anforderungen.
epd: Was sind typische Verfälschungen?
Eichhorn: Bleiben wir bei den 500 untersuchten Proben: Bei 20 war die Trachtangabe unzutreffend. Tracht- oder auch Sortenhonige entstehen, wenn das Bienenvolk eine Trachtquelle überwiegend nutzt. Es gibt verschiedene Sortenhonige: Linden-, Akazien-, Kastanienhonig etwa oder seltene Sorten wie Himbeerblüten- oder Kornblumenhonig, in Niedersachsen gibt es viel Raps- und Heidehonig. Wenn auf einem Glas Rapshonig draufsteht, muss diese Tracht auch enthalten sein – nicht zu 100 Prozent, aber auf jeden Fall deutlich über 50 Prozent.
In zehn Proben haben wir Fremdzuckerzusatz nachgewiesen, bei einer Probe wurden die Bienen mit Aloe-Vera-Saft gefüttert, auch das ist verboten. Und eine weitere Probe wurde als Safranhonig ausgegeben, obwohl es nur ein zusammengesetztes Erzeugnis aus Blütenhonig und Safranfäden war.
epd: Welche Methoden stehen Ihnen für Ihre Authentizitätsprüfungen zur Verfügung?
Eichhorn: Zum einen die Sensorik: Aussehen, Geschmack, Geruch. Dann wird der Honig chemisch-physikalisch untersucht. Man kann das Verhältnis Fructose zu Glucose bestimmen, die Enzymaktivitäten messen und auch die elektrische Leitfähigkeit. Diese hängt vom Gehalt an Mineralstoffen ab. Schließlich nutzen wir die lichtmikroskopische Pollenanalyse. Durch sie können wir die Pollenkörner einer Trachtpflanze zuordnen und feststellen, ob es sich um einen sortenreinen Honig handelt.
epd: Was sind die Herausforderungen bei der Analyse?
Eichhorn: Die Zumischung von Zuckersirup beispielsweise ist sensorisch schwer wahrnehmbar. Dazu kommt, dass die Fälscher immer besser werden und die eingesetzte Sirupe zunehmend reinigen, um Begleitstoffe zu entfernen, die die Fälschung „verraten“ würden. Aber auch unsere Verfahren werden immer besser. Zum Nachweis von Verfälschungen haben wir am Laves 2020 die Magnetresonanzspektroskopie etabliert.
epd: Ist es auch möglich zu bestimmen, aus welchem Land, welcher Region ein Honig stammt?
Eichhorn: Ja, am Honigpollenspektrum können wir erkennen, an welchen Trachtpflanzen die Honigbienen zeitgleich etwa zu einem blühenden Rapsfeld Nahrung gesammelt haben. Die Begleitpollen sind typisch für die betreffende Region und ermöglichen uns, das angegebene Ursprungsland zu überprüfen. Angaben zu den Ursprungsländern sind verpflichtend und werden in der Honigverordnung geregelt.
epd: Sind teurere Honige besser als günstige? Gibt es Prüfsiegel?
Eichhorn: Zum einen gibt es bekannte Siegel, wie das EU-Biosiegel oder die von Naturland, Demeter, Bioland. Und dann den „Echten Deutschen Honig“ des Deutschen Imkerbundes in seinem typischen Glas mit der Banderole. Grundsätzlich kann man aber nicht sagen, dass niedrigpreisige Honige schlechter sind als teure. Wir finden über das gesamte Spektrum immer mal wieder problematische Honige.
epd: Was raten Sie Verbrauchern beim Kauf von Honig?
Eichhorn: Nun, ich bin Wissenschaftlerin, keine Verbraucherberaterin, aber ich würde empfehlen, sich vor dem Kauf zu überlegen, wozu man den Honig benutzen will. Zum Kochen oder um ihn am Sonntag auf einem Toastbrot zu genießen. Welchen Geschmack bevorzuge ich? Es lohnt sich, verschiedene Sorten auszuprobieren. Es ist ein Unterschied, ob ich einen flüssig-zarten Akazienhonig genieße, einen aromatischen Lindenhonig oder einen cremig-kandierten Rapshonig, der auf der Zunge schmilzt. Ich würde auch immer versuchen, Honige regional zu kaufen.
epd: Was kann ich tun, um Bienen zu helfen? Manche Menschen stellen Zuckerwasser hin – eine gute Idee?
Eichhorn: Nein, damit tue ich dem Imker keinen Gefallen, und das wäre dann auch kein Honig im Sinne der Honigverordnung. Wer Bienen unterstützen möchte, sollte zu Bienenblühmischungen greifen, die kann man sogar auf dem Balkon aussähen. Man muss auch wissen, dass nicht alle Pflanzen für Bienen gleichermaßen wertvoll sind. Die meisten Forsythien, die ja in vielen Gärten im Frühjahr so schön blühen, sind für Bienen weder Nektar- noch Pollenlieferant.