Aiman Mazyek: Gaza ist „Friedhof der internationalen Ordnung“
Mit deutlichen Worten kritisiert der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland Israels Vorgehen im Gazastreifen – und warnt vor dessen Folgen. In der deutschen Debatte sieht er eine Schieflage.
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, sieht durch die israelische Kriegsführung im Gazastreifen die internationale Ordnung ernsthaft bedroht. Alle Handlungen stünden im Widerspruch zum Völkerrecht, schrieb Mazyek in einem Gastbeitrag in der Berliner „taz“ (Donnerstag). Und: „Nie zuvor wurde der massive Kontrast zwischen den Prinzipien des Völkerrechts und der aktuellen Kriegsführung täglich und über eine so lange Zeit vor Augen geführt.“
Der Zentralratsvorsitzende verwies auf die Tötung von humanitären Helfern, Journalisten und Tausenden Zivilisten sowie die Zerstörung von Krankenhäusern, Moscheen, Kirchen und Schulen. Außerdem schrieb Mazyek von einem „Aushungern der Bevölkerung“.
Die Weltmächte hätten die Weltordnung, die sie größtenteils nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen haben, zerstört – „nicht zuletzt aufgrund einer Doppelmoral, die einerseits die bedingungslose Einhaltung der Menschenrechte einfordert, sie aber in anderen Fällen bewusst ignoriert“. Die Botschaft, die vom Gaza-Krieg ausgehe, laute, so Mazyek: „Institutionen, Regeln und Normen, auf denen eine wertebasierte Außenpolitik und eine globale Weltordnung beruhen, sind bedeutungslos geworden.“
Gaza sei nicht nur ein Friedhof für mittlerweile 33.000 Menschen, sondern auch ein „Friedhof der internationalen Ordnung“ geworden. Nun bestünden die größten Unsicherheiten darin, „ob eine neue, für alle faire Weltordnung ohne einen großangelegten globalen Konflikt und Krieg entstehen kann und wer die Grundlagen dafür legen wird und wie sie gestaltet werden kann“.
Mit Blick auf Deutschland meinte Mazyek, das „Nie wieder“ bedeute, „dass die Lehren des Holocaust universell gültig sind, und zwar für alle Menschen weltweit“. Allerdings habe sich der deutsche Diskurs davon entfremdet und einen Punkt erreicht, „an dem der Holocaust in Teilen instrumentalisiert und als Rechtfertigung für den Verzicht auf moralische Klarheit herangezogen wird“.