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Ärztin: Genitalverstümmelung findet auch in Deutschland statt

Eine konsequentere Aufklärung über Genitalverstümmelungen an Frauen fordert die Berliner Oberärztin Cornelia Strunz. Es gebe auch zahlreiche Fälle in Deutschland, sagte die Chirurgin am Krankenhaus Waldfriede in Berlin-Zehlendorf in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) zum Internationalen Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung am Dienstag. In solchen Fällen werde eine Beschneiderin etwa aus einem afrikanischen Land “eingeflogen”, wo dieser Beruf oft sehr angesehen sei. “Oder die Mädchen werden in den Sommerferien in ihrer alten Heimat beschnitten.”

“Die Betroffenen melden das aber nicht, weil sie Angst vor den rechtlichen Konsequenzen für ihre Familien haben – Genitalverstümmelung gilt in Deutschland als schwere Körperverletzung”, erklärte die Medizinerin, die auch Generalsekretärin der “Desert Flower Foundation” ist. Mit Unterstützung dieser Stiftung werden im Krankenhaus Waldfriede rekonstruierende Operationen durchgeführt. Benannt ist die Stiftung nach dem Buch und dem Kinofilm “Wüstenblume” (Desert Flower), die Genitalverstümmelungen an Frauen zum Thema hatten.

Bei der weiblichen Genitalverstümmelung werden die äußeren Geschlechtsorgane wie Schamlippen und Klitoris teilweise oder ganz entfernt. Nach Angaben von Hilfsorganisationen leben weltweit – vor allem in Afrika – derzeit mindestens 200 Millionen Frauen und Mädchen mit den körperlichen, psychischen und sozialen Folgen dieser Praxis. In Deutschland leben Schätzungen zufolge Zehntausende Frauen, deren Genitalien verstümmelt worden sind. Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes (TDF) schätzt, dass es mittlerweile mehr als 100.000 sind.

“Jede Form der Beschneidung ist grausam, sie wird ohne Betäubung und unter unhygienischen Bedingungen durchgeführt. Die meisten Frauen können sich genau daran erinnern, obwohl sie ja damals kleine Mädchen waren. Es ist für sie ein traumatisches Erlebnis, sie schauen mich mit verzerrtem Gesicht an, wenn sie mir davon erzählen”, so Strunz.

Die Ärztin forderte, solche Eingriffe und ihre Konsequenzen öffentlich bekannter zu machen: “Weibliche Genitalverstümmelung kann man nur durch konsequente Aufklärung über die Folgen – auch in strafrechtlicher Hinsicht – bekämpfen. Das kollektive Schweigen über dieses Verbrechen und der soziale Druck müssen endlich aufhören”. So gebe es etwa keine nachvollziehbaren religiösen Gründe für weibliche Genitalverstümmelung. Sie sei stets durch andere kulturelle Traditionen motiviert.